Das Gespenst der Inflation ist wieder da

Der Rekordölpreis und teure Lebensmittel haben die Inflationsrate in Deutschland seit 15 Jahren erstmals wieder auf drei Prozent springen lassen. Wirtschafts-Experten versuchen zu beruhigen: Die Lage sei nicht so ernst wie in den 70er Jahren.

Berlin/Trier. (red) Die Verbraucher stöhnen unter ständigen Preiserhöhungen: Gas wird wieder teurer, die Lebensmittelpreise sind gestiegen, und das Benzin ist für viele kaum noch zu bezahlen: Prompt ist von "Inflationsalarm" und "Teuerungswelle" die Rede. Doch nach Ansicht von Ökonomen ist die Sorge vor einem wirtschaftlichen Absturz wie in den 70er Jahren ebenso unbegründet wie die Angst vor globaler Inflation. "Die um sich greifende Hysterie ist übertrieben", sagt DekaBank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Massive Lohnsteigerungen und die Ölkrise trieben 1974 die Inflationsrate auf den Rekordwert von sieben Prozent. Damals setzten die Gewerkschaften Lohnerhöhungen im zweistelligen Prozentbereich durch - von einer solchen Spirale aus steigenden Preisen und steigenden Löhnen ist derzeit keine Spur zu sehen. "Ich befürchte, dass die Löhne in Deutschland über viele Jahre weiter stagnieren werden", meint der Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn. Doch damit verschärft sich allenfalls die Situation für die meisten Verbraucher. Die hohen Treibstoff-Preise zehren aber nicht nur am Geldbeutel der Deutschen. Autofahrer in ganz Europa packt die Wut beim Blick auf die Preise an den Tanksäulen. Die ersten Regierungen beugen sich dem Druck. Österreich kündigt am Mittwoch finanzielle Erleichterungen an.

Wirtschafts-Experten sehen bei der Preis-Diskussion auch das psychologische Moment der "gefühlten Inflation". In den vergangenen Monaten haben sich vor allem Produkte des täglichen Bedarfs verteuert. "Deshalb empfinden die Verbraucher das viel stärker", sagt Statistiker Timm Behrmann. "Die Milch, die nur einige Cent teurer wurde, kauft man jede Woche - das billiger gewordene Möbelregal nur alle paar Jahre." Ein Blick in die Vergangenheit bestätigt das: Seit 1998 sind die Preise für Heizöl um über 300 Prozent angestiegen und für Diesel um fast 170 Prozent. Bier (+ 190 Prozent) und Sprudel (+250 Prozent) haben kräftig zugelegt. Die Kosten für Bekleidung oder Elektrogeräte sind gesunken oder stagnieren. Für Möbel sind die Preise sogar kräftig eingebrochen. Die Zeiten niedriger Inflationsraten unter zwei Prozent gehen nach Expertenansicht in Deutschland dem Ende zu.

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