Deftige Bayern-Klatsche: Bitterer Europapokal-Abschied für Kahn und Hitzfeld (mit Bildern)

St. Petersburg (dpa) · Mit einer der schlimmsten Europapokal-Demontagen sind die Träume des FC Bayern München auf das historische Titel-Triple jäh zerstört worden.

Am Tag der Arbeit zerlegte ein erneut blendend aufspielendes Kollektiv von Zenit St. Petersburg den national fast schon konkurrenzlosen DFB-Pokalsieger und designierten Meister FC Bayern München und gewann auch in der Höhe verdient das UEFA-Pokal-Halbfinal-Rückspiel mit 4:0 (2:0). „Wir haben eine katastrophale Leistung gebracht“, urteilte Trainer Ottmar Hitzfeld: „Wir haben uns den Schneid abkaufen lassen“, sagte der Coach, nachdem die Bayern erst zum fünften Mal in ihrer Clubhistorie im Europapokal mit vier Toren Unterschied verloren hatten.

Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge machte aus seiner Enttäuschung ebenfalls keinen Hehl, nahm die Spieler aber auch in Schutz. „Man muss anerkennen, das St. Petersburg ein super Spiel abgeliefert hat. Und man darf nicht vergessen, dass die russische Meisterschaft gerade erst angefangen hat“, meinte er. „Wir sind ein bisschen auf dem Zahnfleisch dahergekommen.“ Man könne die Saison aber erhobenen Hauptes beenden: „Wir haben zwei Titel gewonnen.“ Schon am Wochenende kann der Rekordchampion den praktisch nicht mehr zu nehmenden 21. nationalen Titel endgültig perfekt machen.

Vor 21 500 begeisterten Zuschauern im Petrovsky-Stadion sorgten der zweifache Torschütze Pawel Progrebnjak (4./73. Minute) sowie Konstantin Syrjanow (39.) und Victor Faysulin (53.) für den ersten Einzug der Russen ins UEFA-Pokalfinale. Gegner des Teams von Ex-Bundesliga-Trainer Dick Advocaat am 14. Mai im City- of-Manchester-Stadium wird der AC Florenz oder Glasgow Rangers sein. „Es ist unglaublich“, meinte der niederländische Zenit-Coach, der mit seiner Mannschaft zuvor auch schon Bayer 04 Leverkusen ausgeschaltet hatte.

Nicht einmal zwei Minuten waren gespielt, da hatte Miroslav Klose allerdings die Führung der Bayern, die im Hinspiel nicht über 1:1- Remis eine Woche zuvor hinausgekommen war, auf dem Fuß. Doch der Nationalstürmer traf nach Flanke von Marcell Jansen und einem Luca- Toni-Kopfball den Ball nicht richtig; Verteidiger Roman Schirokow klärte auf der Linie. Fast im Gegenzug erwischten die Gastgeber die Bayern eiskalt: Nachdem er von Lucio gefoult worden war, traf Torjäger Progrebnjak per Freistoß. Franck Ribery riss ein Loch in die Mauer, durch das der Russe den Ball zum Ärgernis von Keeper Oliver Kahn in dessen 142. Europapokalspiel in den Bayern-Kasten schoss.

Den frühen Schock verdauten die Münchner schnell. Eigene Tore blieben aber Fehlanzeige, obwohl Zenit-Schlussmann Wjatscheslaw Malafejew nicht den sichersten Eindruck machte und in der 19. Minute einen Ribery-Distanzschuss abprallen ließ. Sieben Minuten später zielte der im Hinspiel gesperrte Toni mit einem Kopfball nach Vorlage von Martin Demichelis knapp übers Tor. Die Chancen täuschten aber nicht darüber hinweg, dass das Kombinationsspiel der Gäste nicht wie erhofft funktionierte, zudem lief sich der eifrige Ribery immer wieder fest.

Sobald die höchst effektiven Russen in Ballbesitz kamen, spielten sie ihre Stärken aus und der wackligen Bayern-Defensive geschickt und schnell in den Rücken. Nachdem Kahn mit dem rechten Fuß gegen Alexander Anjukow (21.) noch hatte retten können, erhöhte Syrjanow auf 2:0. Demichelis und Zé Roberto ließ der Russe mit einer Körpertäuschung alt aussehen. Kahn hatte auch bei diesem Treffern keine Chance. „Es ist besser so auszuscheiden als im Elfmeterschießen“, meinte er und wollte von einem missratenen internationalen Abschied nichts wissen: „Was will ich mehr, als zwei Titel zu holen in meiner letzten Saison.“

Hitzfeld, der als Trainer der Bayern in St. Petersburg ebenfalls sein letztes Europokalspiel erlebte, reagierte in der Pause. Der zum Saisonende scheidende Coach nahm die enttäuschenden Jansen und Zé Roberto aus der Mannschaft, brachte dafür Christian Lell und Lukas Podolski. Dreieinhalb Minuten nach dem Wiederanpfiff hatten die nun mit drei Angreifern agierenden Bayern die erste Chance, Malafejew konnte den Toni-Schuss aus 14 Metern aber abwehren.

Das kurze Aufbegehren in der Offensive wurde aber schon kurz danach durch erneute Fahrlässigkeiten in der Defensive bestraft. Einmal mehr konnten sich die Russen auf ihrer rechten Seite ohne viel Gegenwehr durchsetzen, die Flanke von Anjukow wuchtete Faysulin mit dem Kopf unhaltbar für den fast schon bemitleidenswerten Kahn ins Tor. Von einem richtigen Aufbäumen war danach wenig zu spüren. Stattdessen machte Progrebnjak, der allerdings das Finale gelbgesperrt nur von außen beobachten darf, das Debakel der Bayern mit seinem 10. Europapokaltreffer - so viele wie Toni - perfekt.

Die Bayern blieben dagegen erstmals nach 13 Europapokalspielen ohne Treffer. „Wir haben das Finale verpasst. Deswegen können wir uns auch nicht zu den Top-Mannschaften Europas zählen“, meinte Nationalspieler Philipp Lahm. „Wir müssen uns eigentlich bei den Fans entschuldigen. Das war das schlechteste Spiel, an das ich mich erinnern kann“, ergänzte Toni.

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