Humboldt - die lange Reise eines Namens

Trier · Die Humboldt-Brüder lösen Paul von Hindenburg als Namens-Paten des weiterhin als HGT bekannten Trierer Gymnasiums ab. Der Schulleitung steht die Aufgabe bevor, das Eis zwischen den Schülern - die als einzige Fraktion gegen eine Umbenennung gestimmt haben - und dem neuen Namen ihrer Bildungsstätte zu brechen.

Aus dem Hindenburg-Gymnasium wird das Humboldt-Gymnasium. Ein simpler Vorgang, und doch waren Paul von Hindenburg, zweiter Reichspräsident der Weimarer Republik, und die seinen Namen tragende Schule monatelang Mittelpunkte einer heißen Diskussion und eines Politikums in der Stadt Trier.

Anpassung oder Verdrängung

Sechs Monate lang diskutierte eine Stadt intensiv und hochemotional über Namens-Paten. Aktuelle und ehemalige Schüler, Lehrer, Eltern und historisch Interessierte analysierten, ob ein Wechsel des Namens einer Bildungsstätte eine notwendige Anpassung an den Lauf der Zeit oder eine unnötige Verdrängung und Negierung der Vergangenheit bedeutet (der TV berichtete mehrfach).

Am Ende der Debatte stand eine eindeutige Entscheidung. Anfang Juni legte sich eine jeweils aus fünf Repräsentanten der Schüler- und Elternschaft sowie des Kollegiums bestehende Sonderkonferenz der Schule auf den neuen Namen Humboldt fest, der die Verbundenheit mit beiden Brüdern - Wilhelm und Alexander von Humboldt - unterstreichen soll.

Hindenburg wird abgelöst. Als die Schule ihr Urteil verkündet hatte, signalisierten alle Ratsfraktionen sofort Zustimmung. Zwei Themen bleiben allerdings weiterhin offen.

Der Tag der Umbenennung. Schuldezernent Ulrich Holkenbrink, der Kulturausschuss und der Stadtrat haben es zwar der Schule überlassen, den neuen Namen auszusuchen. Doch der Tag, ab dem dieser Name dann tatsächlich genutzt werden darf und soll, ist dann doch ein Fall für die politischen Gremien. "Ich kann heute noch nicht sagen, ab wann wir wirklich Humboldt heißen", sagt der kommissarische Rektor Ralph Borschel. "Das kann durchaus noch gut zwei Monate dauern."

Denn der Tag des großen Wechsels läuft zuerst durch den Kulturausschuss und landet anschließend auf der Tagesordnung des Stadtrats. Dieser hat das letzte Wort und legt den Starttermin der Humboldt-Brüder als Namens-Paten eines Trierer Gymnasiums genau fest.

Die Diskussion mit den Schülern.

Denn sie waren die einzigen, die sich mehrheitlich gegen eine Änderung des Namens ihrer Schule ausgesprochen haben. "Der Name Hindenburg soll als historisches Mahnmal immer wieder Anlass zur Diskussion sein", sagt dazu Schülersprecherin Lisa Coels. Die HGT-Klassen hatten abgestimmt und ein eindeutiges Ergebnis abgeliefert: Die meisten wollten Hindenburg behalten.

"Wir werden die Schüler im Rahmen einer Sonderaktion mit dem Namen Humboldt vertraut machen", kündigt Ralph Borschel an. Am 21. Oktober wird sich jede HGT-Klasse mit dem Leben und Wirken der Humboldt-Brüder beschäftigen. Borschel will diesen Projekttag als "Blick nach vorne" verstanden wissen. "Das Thema Hindenburg haben wir definitiv abgeschlossen."

Meinung

Wir warten auf Humboldt

Es war die richtige Entscheidung, der Schule die Wahl des neuen Namens zu überlassen. Normalerweise gilt bei Politikern ja leider oft die Regel: "Überlasst uns mal bitte die wichtigen Entscheidungen." Das war hier anders. Erfreulicherweise. Kompliment Nummer eins geht an Studiendirektor Borschel und sein Kollegium, die einen Weg fanden, Schüler und Eltern mit ins entscheidende Gremium zu nehmen. Kompliment Nummer zwei geht an die Schüler. Sie hatten sich zwar mehrheitlich gegen eine Namensänderung ausgesprochen, blieben aber dennoch mit im Boot, nachdem sie überstimmt worden waren, und arbeiteten konstruktiv mit. Leider folgt jetzt kein drittes Kompliment, sondern ein völlig unnötiger Abzug in der B-Note. Warum muss der Tag des neuen Namens durch sämtliche bürokratischen Mühlen laufen? Seit Januar diskutiert ganz Trier über Hindenburg und Humboldt, die Entscheidungen fielen bereits vor Monaten. Es ist unnötig und unverständlich, das Warten auf den neuen Namen jetzt um weitere Monate zu verlängern. j.pistorius@volksfreund.de

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