In Eckkneipen darf weiter geraucht werden

Koblenz · Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat das Rauchverbot für kleine Kneipen gekippt, weil es die Betreiber in Existenznöte bringt. Der Landtag muss das Nichtraucherschutzgesetz der SPD entsprechend ändern.

Koblenz. (win) In kleinen Gaststätten mit nur einem Raum darf weiterhin geraucht werden. Das seit Mitte Februar gültige Nichtraucherschutzgesetz belaste die Betreiber ausschließlich inhabergeführten oder kleineren Ein-Raum-Gaststätten in unzumutbarer Weise, entschieden die Verfassungsrichter am Dienstag in Koblenz auf Klage mehrerer Wirte. Da der Nichtraucherschutz ohnehin in größeren Gaststätten durch die Ausnahmeregelung für Nebenräume aufgeweicht sei, dürften auch kleine Kneipen nicht einseitig belastet werden, so der Tenor des Urteils.

Die bereits als einstweilige Anordnung des Verfassungsgerichts mit dem Gesetz Mitte Februar in Kraft getretenen vorläufigen Ausnahmen gelten als Zwischenregelung weiter, bis der Landtag spätestens Ende 2009 die Vorgaben lockern und neu fassen muss.
Daher darf bis auf weiteres weiter geraucht werden
in inhabergeführten Kneipen ohne Nebenraum und in Ein-Raum-Gaststätten mit weniger als 75 Quadratmeter und mit beschäftigtem Personal.Die Gaststätten dürfen allerdings nur einfach zubereitete Speisen bieten, müssen sich als Raucherkneipe deutlich am Eingang kennzeichnen und Jugendlichen unter 18 Jahren den Zutritt verwehren.

Mit seinem Urteil folgt der Koblenzer Verfassungsgerichtshof den Grundlinien des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe zu den Rauchverboten in Berlin und Baden-Württemberg von Ende Juli. Allerdings lassen die Koblenzer Richter offen, ob ein striktes Rauchverbot mit der Landesverfassung vereinbar ist. Die Bundesrichter hatten dies grundsätzlich als zulässig angesehen. Eine Einigung der Gesundheitsminister der Länder auf ein bundesweit einheitliches Rauchverbot ohne jegliche Ausnahme ist eher unwahrscheinlich. Die SPD-Landtagsfraktion kündigte an, noch in diesem Jahr einen neuen Gesetzesentwurf vorzulegen. Gescheitert sind vor dem VGH gleichzeitig zwei Lehrer mit ihren Klagen gegen das Rauchverbot an Schulen.
Der Weg des rheinland-pfälzischen Nichtraucherschutzgesetzes

Mainz (dpa) Der Verfassungsgerichtshof (VGH) in Koblenz hat an diesem Dienstag das rheinland-pfälzische Rauchverbot in kleinen Kneipen für verfassungswidrig erklärt. Zwölf Beschwerdeführer hatten Verfassungsbeschwerden eingereicht. Das umstrittene Gesetz hatte die Rheinland-Pfälzer schon seit längerem beschäftigt.

16. Mai 2007: Die SPD-Mehrheitsfraktion im rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz bringt ein Gesetz zum Nichtraucherschutz ein, das ein generelles Rauchverbot mit Ausnahmen vorsieht. Danach soll das Rauchen in Gaststätten in eigens abgetrennten Räumen erlaubt sein. Im Landtag soll das Rauchen künftig verboten sein wie in allen anderen öffentlichen Gebäuden, etwa in Schulen und Krankenhäusern.

26. September 2007: Der Landtag verabschiedet das Nichtraucherschutzgesetz. Es soll vom 15. Februar 2008 an gelten.

7. Dezember 2007: Der VGH in Koblenz teilt mit, dass eine erste Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz eingegangen ist. Der Beschwerdeführer argumentiert, das Rauchverbot sei ein unzulässiger Eingriff in sein Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.

11. Februar 2008: Der VGH berät über das Nichtraucherschutzgesetz. Ein Raucher und fünf Gaststättenbetreiber wollen mit Eilanträgen erreichen, dass das für den 15. Februar geplante Inkrafttreten des Gesetzes verschoben wird, bis das Gericht eine abschließende Entscheidung getroffen hat.

12. Februar 2008: Der VGH verkündet, dass kleine Gaststätten mit nur einem Schankraum in Rheinland-Pfalz zunächst vom neuen Nichtraucherschutzgesetz ausgenommen sind. Die Beschwerdeführer hätten nachvollziehbar dargelegt, dass das Gesetz ihre berufliche Existenz gefährden könnte. Die übrigen Vorschriften des neuen Nichtraucherschutzgesetzes könnten wie vorgesehen in Kraft treten.

15. Februar 2008: Das Nichtraucherschutzgesetz tritt in Kraft.

7. Mai 2008: In Ein-Raum-Gaststätten in Rheinland-Pfalz darf weiter vorläufig geraucht werden. Der VGH verlängert die einstweilige Anordnung vom Februar, die kleine Gaststätten mit nur einem Schankraum vom Nichtraucherschutzgesetz ausnimmt, für weitere drei Monate.

30. Juli 2008: Das Bundesverfassungsgericht kippt das Rauchverbot für Eckkneipen und zwingt damit viele Bundesländer zu einer Neufassung ihrer Gesetze. In einem Grundsatzurteil erklären die Karlsruher Richter die Rauchverbote für Gaststätten mit nur einem Raum in Baden-Württemberg und Berlin für verfassungswidrig. Damit darf dort ab sofort wieder geraucht werden.

4. August 2008: Der VGH verlängert die Ausnahmeregelung zum Nichtraucherschutzgesetz für inhabergeführte Kneipen ohne Beschäftigte um weitere drei Monate.

30. September 2008: Der VGH entscheidet, dass das rheinland- pfälzische Rauchverbot in kleinen Kneipen gegen die Verfassung verstößt. Denn deren Betreiber würden unzumutbar belastet. Der Gesetzgeber müsse die Regelung bezüglich Ein-Raum-Kneipen bis Ende 2009 ändern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort