Misshandlung: Kritik an Klinik

Trier · Ein 32-Jähriger ist am Freitag vom Trierer Landgericht zu einer Haftstrafe von neun Jahren verurteilt worden, weil er im vergangenen Jahr sein neugeborenes Baby gequält und fast getötet hätte. Womöglich hätte das Leiden des Mädchens verkürzt werden können, wenn Ärzte schneller das Jugendamt eingeschaltet hätten.

(wie) Wie kann ein Vater seinem Baby so etwas antun? Immer wieder wurde die Frage bei dem Prozess gegen einen 32-Jährigen aus einem Moselort gestellt. Eine Antwort darauf gab es trotz des Geständnisses des Mannes aber nicht. Das Motiv für das laut Staatsanwaltschaft sadistische Quälen des Neugeborenen im vergangenen Jahr blieb nach drei Verhandlungstagen im Dunkeln. Das Gericht sah es aber als erwiesen an, dass der Vater den Tod des Mädchens in Kauf genommen habe, es verurteilte den Mann wegen versuchten Totschlags zu neun Jahren Haft. 19 Knochenbrüche, Quetschungen, etliche Blutergüsse und eine schwere Verbrühung von Mund und Hals wurden bei dem paar Tage alten Babys festgestellt.

Hätte das Leiden des Mädchens womöglich verkürzt werden können? Die Rechtsmedizinerin Bianca Navarro, die die Verletzungen des Babys untersucht hat, machte gestern während der Verhandlung den Kinderärzten im Wittlicher Krankenhaus Vorwürfe. Sie hätten trotz des Verdachts auf Kindesmisshandlung nicht rechtzeitig das Jugendamt eingeschaltet. Navarro sprach von einem „medizinischen Disaster“.
Bevor das Mädchen am 8. Juli vergangenen Jahres mit schweren Verbrühungen von seiner Mutter in die Klinik gebracht worden war, wurde es bereits zwei Mal von Ärzten der dortigen Kinderstation untersucht, wegen Atemproblemen und wegen Blutergüssen.
Laut Navarro äußerten die Ärzte bereits bei der Untersuchung der Blutergüsse den Verdacht auf Kindesmisshandlung, hätten aber nicht das Jugendamt informiert.

Klaus Mahler, Chefarzt der Wittlicher Kinderstation, bestätigte am Freitag dem TV, dass das Kind drei Mal von Klinikärzten untersucht worden sei. Als die Verbrühungen bei dem Baby entdeckt worden waren, sei eine Kindesmisshandlung offensichtlich gewesen. Daraufhin seien sofort Polizei und Jugendamt informiert worden. Den Eltern wurde daraufhin das Sorgerecht entzogen, das Kind lebt derzeit bei Pflegeeltern. Mahler äußerte sich nicht zu den Vorwürfen, die Misshandlung sei bereits vorher festgestellt geworden.

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