München/Gonzerath: Filmemacher Edgar Reitz entsetzt über NPD-Schulungszentrum

MÜNCHEN/GONZERATH. Das NPD-Schulungszentrum schlägt Wellen bis ins ferne München. Der bekannte Filmemacher Edgar Reitz, der selbst aus Morbach stammt, reagiert entsetzt darauf, dass eine Neo-Nazi-Gruppierung in Gonzerath versuche, "ihre abgestandenen Parolen und dummen Indoktrinationen im Hunsrück auszubreiten".

Edgar Reitz, der mit seiner Hunsrück-Triologie "Heimat" seit 1984 Filmgeschichte geschrieben hat, nimmt in einem Brief Stellung zu einem Vorhaben, das weit über Gonzeraths Grenzen für Schlagzeilen sorgt: der Versuch der NPD, im Hunsrück-Ort ein Schulungszentrum zu gründen. Er schreibt: "Mit Entsetzen habe ich vernommen, dass es diese Neonazi-Gruppierung in Gonzerath gibt, die von einem ,Schulungszentrum' aus versucht, ihre abgestandenen Parolen und dummen Indoktrinationen im Hunsrück auszubreiten. Es gibt immer mehr Menschen, vor allem junge Leute, die vergessen oder darüber hinweggehen, dass von deutschem Boden einst die fürchterlichste Bedrohung der Menschenrechte ausgegangen ist und dass der Nationalsozialismus Millionen Menschen und uns alle in das größte Unglück der Geschichte gestürzt hat.

Es ist deswegen die Pflicht eines jeden intelligenten Menschen und Bürgers, derartige Umtriebe zu bekämpfen und die Jugend über die Gefahren aufzuklären, in die uns der wiedererwachende Nazismus treiben kann. Es ist eine Frage von Intelligenz, sich dieser Umtriebe der Ewig-Gestrigen zu erwehren. Als Autor der Heimat-Trilogie ist mir der Hunsrück und seine menschliche Integrität ein besonderes Anliegen. Ich habe diese Filme aus Liebe zu den Menschen gemacht und im Vertrauen darauf, dass sie aus der Geschichte lernen. Es wäre für mich eine schmerzliche Niederlage, wenn ausgerechnet meine geliebte Heimat von Nazi-Ideologen und Radaubrüdern vor den Augen der Welt in Misskredit gebracht würde. Ich bin aber zuversichtlich.

Gerade der Hunsrück hat in seiner bewegten Geschichte gezeigt, dass nichts absurder ist als Fremdenfeindlichkeit und jeglicher Rassismus. Karl Zuckmayer hat die Landschaften auf beiden Seiten des Rheins einmal als eine ,Völkermühle' bezeichnet, die uns gerade durch die Toleranz und das Zusammenwirken von Menschen verschiedenster Herkunft eine kulturelle Blüte über Jahrtausende bescherte.

Wir Hunsrücker sind offenherzig, neugierig und umgänglich. Wir halten nichts von dummen Sprüchen. Was bei uns schon immer zählt, ist Phantasie gepaart mit solider Arbeit. Das wollen wir uns doch nicht von braunen Krakeelern kaputtmachen lassen! Wehret den Anfängen!"

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