Rallye-WM: Loeb nicht zu bremsen – Zuschauer-Rekord

Trier · Deutlich mehr Zuschauer als im Vorjahr und ein Sieger, der seinem Ruf alle Ehre macht: Die ADAC Rallye Deutschland verabschiedet sich mit einer guten Bilanz in die vom Motorsport-Weltverband verordnete Zwangspause bis 2010.

So hört sich wohl Frust an. „Ich kann machen, was ich will. Ich habe hier einfach keine Chance gegen Loeb.“ So klagte Mikko Hirvonen am Samstag. 13 Prüfungen waren da gefahren – und alle Bestzeiten hatte bis dahin Citroen-Pilot Sébastien Loeb beigesteuert. Der Elsässer feierte am Sonntag seinen siebten Sieg bei der siebten Auflage der Deutschland-Rallye rund um Trier, vor seinem Marken-Kollegen Dani Sordo aus Spanien. Damit hat Loeb auch den finnischen Konkurrenten Hirvonen, bisher WM-Führender, nach zehn von 15 WM-Läufen auf Platz zwei verdrängt.

Es war Loebs insgesamt 43. Sieg bei einem Rallye-WM-Lauf, der fünfte WM-Titel in Folge scheint nur Formsache zu sein. Bei dieser Rekord-Bilanz kommt auch Loebs Selbstanalyse ohne Anflug von Arroganz rüber: „Bei der Deutschland-Rallye kann ich mich nur selbst schlagen“, hatte Loeb angekündigt. Nach dem Sieg hatte der auf Asphalt praktisch unschlagbare WM-Dominator aber Aufmunterung für Hirvonen parat: „Mikko hat sich auf Asphalt stark verbessert. Wenn er am Samstag keinen ‚Plattfuß' gehabt hätte, wäre unser Vorsprung nicht so deutlich ausgefallen.“ Aber egal, ob in den Mosel-Weinbergen oder auf der Panzerplatte: Loeb diktierte jederzeit das Tempo. Nur bei der schweren Wertungsprüfung am Sonntagmorgen im Dhrontal leistete sich Loeb in einer Haarnadel-Kurve einen kleinen Fehler.

An den jubelnden Loeb vor der Porta Nigra hat man sich gewöhnt. Ungewohnter ist noch die Innenstadt-Prüfung (Circus Maximus), die erst ihre zweite Auflage erlebt hat. Erstmalig wurde sie in einer einstündigen Sendung am Sonntagmittag live beim Nachrichtensender n-tv übertragen. Zu den Bildern gab es positive Kommentare der Fahrer zu hören – etwa von Ex-Weltmeister Petter Solberg, der gemeinsam mit dem Norweger Andreas Mikkelsen und Loeb die schnellste Zeit in der Innenstadt vorlegte.

Durch neue Schikanen wurde etwas Tempo aus dem Stadtkurs genommen, das Durchschnitts-Tempo lag bei knapp 78 km/h. Die sportlichen Entscheidungen waren ohnehin schon vor der Showprüfung gefallen. Neben Loeb und Sordo schaffte es der belgische Vorjahres-Zweite Francois Duval (Ford) noch aufs Podium. Bei der Zuschauerzahl wurde laut Veranstalter ADAC der bisherige Rekord geknackt. Nach 210.000 Zuschauern im Vorjahr im vergangenen Jahr sollen diesmal insgesamt rund 270.000 Zuschauer vor Ort gewesen sein. Bei dieser Rechnung werden die Zahlen der einzelnen Abschnitte addiert.

Zu viel los war dabei am Freitagabend bei der sechsten Wertungsprüfung in der Nähe von Minheim (Kreis Bernkastel-Wittlich): Die Prüfung wurde nach zwei Fahrzeugen abgebrochen – es waren so viele Zuschauer an der Strecke, dass es den Fia-Sicherheitsbeauftragten zu heikel wurde. Auch in der Junior-WM lag ein Franzose mit Vornamen Sébastien vorn: Sébastien Ogier gewann vor dem Berliner Aaron Burkart (beide auf Citroen C2), der mit Problemen am Fahrwerk zu kämpfen hatte.

Für Rallyeleiter Armin Kohl war die 2008er Werbung in eigener Sache. „Ich bin hochzufrieden“, bilanziert der Wittlicher: „Wir hatten enorme Steigerungsraten bei den Zuschauerzahlen.“ Offen ist dabei, wie es im nächsten Jahr mit der Rallye in Trier weitergehen wird. Die Rallye-WM macht dann nach Änderungen im Rennkalender einen Bogen um Deutschland. Die Rückkehr ist erst für 2010 vorgesehen. „Wir arbeiten an Alternativen für 2009“, kündigt Kohl an: „Dass wir im nächsten Jahr nicht im WM-Kalender stehen, ist schon recht dramatisch für uns. Wie eine Alternative aussehen kann, entscheidet sich wohl erst in den nächsten Tagen.“

Endresultat ADAC Rallye Deutschland 2008
1. Sébastien Loeb, F, Citroen C4 WRC, 3:26.22,6 Std.
2. Dani Sordo, E, Citroen C4 WRC, + 0.47,7 Min.
3. Francois Duval, B, Ford Focus RS WRC07, + 1.20,0 Min.
4. Mikko Hirvonen, FIN, Ford Focus RS WRC08, + 1.30,1 Min.
5. Petter Solberg, N, Subaru Impreza WRC2008, + 2:35,3 Min.
6. Chris Atkinson, AUS, Subaru Impreza WRC2008, + 4:45,9 Min.
18. Sébastien Ogier, F, Citroen C2 (1. Junior-WM), + 21:16,3 Min.
21. Aaron Burkart, Berlin, Citroen C2 (2. Junior-WM, + 24:50,5 Min.<

WM-Stand Fahrer (nach 10 von 15 Läufen):
1. Loeb 76;
2. Hirvonen 72;
3. Sordo 43;
4. Atkinson 40;
5. Latvala 34;
6. P. Solberg 27 Punkte

WM-Stand Marken (nach 10 von 15 Läufen):
1. Citroen 123;
2. Ford 115;
3. Subaru 69;
4. Stobart-Ford 51;
5. Munchi's Ford 19;
6. Suzuki 13 Punkte



Meinung: Die Gefahr im eigenen Lager

Von Andreas Feichtner

Traditionen gewinnen erst richtig an Charme, wenn sie Emotionen mitliefern. Wenn die Rallye-WM bei Trier über die Pisten geht, herrscht daran kein Mangel. Rallye-Gegner und –Befürworter liefern sich – Achtung: Déjà-vu an Bord – alljährlich die gleiche Diskussion, gerne unterfüttert mit falschen Zahlen. So hat die Realität kuschelig viel Platz zwischen den Halbwahrheiten, dass die Rallye die „Stadt Trier rund 90.000 Euro kostet“ und der anderen Schönrechnung, dass die Rallye der Region über 20 Millionen Euro zusätzlichen Umsatz bescheren soll. Daran würde sich in den nächsten Jahren nichts ändern, wohl so wenig wie an der Dominanz eines Sébastien Loeb: Auch Hassliebe ist eine Form von Liebe. Die Deutschland-Rallye ist aber in Gefahr, trotz höherer Zuschauerzahlen und erneut professioneller Organisation. Der Gegner kommt dabei aus den eigenen Reihen: Die Entscheidung des Motorsport-Weltverbands Fia, dass es 2009 keinen WM-Lauf in Deutschland gibt und Trier demnach erst in zwei Jahren wieder im Rennkalender steht, stellt die Organisatoren vor erhebliche Probleme: Ziehen die fast 3000 ehrenamtlichen Rallye-Helfer nach so langer Pause noch mit? Und was wird 2009? Ob bei einer Rallye ohne Welt-Elite und wohl ohne herausragendes Medien-Interesse ein aufwendiger Innenstadt-Kurs in Trier nötig ist, muss man kritisch hinterfragen. Dabei gibt es im nächsten Jahr – ohne Rallye-WM – viele Freiheiten. Es wäre dabei keine falsche Anbiederung an die Rallye-Gegner von heute, einen Schwerpunkt auf Hybrid-, Solar- oder Elektro-Autos zu setzen. Das wäre ein deutliches Signal, dass man sich auch im Motorsport mit möglichen Antrieben der Zukunft ernsthaft – und nicht nur halbherzig - auseinandersetzt.

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