Thalfang/Pronsfeld: Proteste vor den Molkereien (Fotos und Video)

Protest vor den Molkereien in Thalfang (Hochwald) und Pronsfeld (Milch-Union): Rund 700 Milchbauern nahmen an den Demonstrationen teil. Derweil zeigt der Streik der Milchbauern Wirkung: Die betroffenen Großmolkereien haben jeweils 30 Prozent weniger Milch erhalten.

(dpa/iro/sn) Der Betrieb der Molkereien laufe dennoch „ganz normal weiter“, teilten die Unternehmen am Donnerstag mit. Jeweils 350 Milchbauern hatten am Donnerstagmittag vor den Zentralen der beiden Großmolkereien protestiert.

Bilder zu den Protesten in Pronsfeld: Thalfang: Auf Kritik stieß bei den 350 Landwirten, die am Donnerstag vor der Zentrale der Hochwaldnahrungsmittel-Werke in Thalfang protestierten, die Haltung des Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Jürgen Sehn, selbst Landwirt und Vorsitzender des Kreisbauernverband Cochem-Zell, der sich selbst nicht am Milchliefer-Boykott beteiligt. Es bestehe eine Verpflichtung gegenüber der Genossenschaft. Zahlreiche Berufskollegen von ihm sehen das offenbar anders. Karl-Heinz Engel, Hochwald-Hauptgeschäftsführer, erklärte, dass derzeit 30 Prozent weniger Milch angeliefert werde als normalerweise üblich. Bundesweit werden nach Angaben des Bundes deutscher Milchviehhalter (BDM) derzeit 60 Prozent "innerbetrieblich verwertet". Sehn kündigte an, noch am Donnerstag gemeinsam mit anderen Landwirten, die ihre Milch weiter bei der Molkerei abliefern, in einem Supermarkt in Kaisersesch die Milchbestände aufzukaufen und spenden sie der Cochemer Tafel.

Bilder zu den Protesten in Thalfang:

Pronsfeld: Rund 350 Milchbauern demonstrierten am Donnerstag auf dem Gelände der Großmolkerei Milchunion Hocheifel (MUH). Laut Pressesprecher Wolfgang Rommel wurden in den vergangenen zwei Tagen rund 30 Prozent weniger Milch angeliefert im Vergleich zur Vorwoche. Noch konnten die Lieferverträge eingehalten werden, da noch ausreichend Vorräte vorhanden waren. Auch die Produktion laufe normal weiter. Eine Prognose wollte Rommel jedoch nicht wagen. "das sei reine Spekulation", sagte er. Oliver Grommes, Landesvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM), sprach von einem Anlieferungsrückgang von bis zu 70 Prozent bei der MUH. In Luxemburg und Belgien hat der Lieferstopp gestern begonnen, sagte Grommes. Er kündigte an, den Streik so lange fortzuführen, bis eingelenkt würde. "Die Bauern sind nicht mehr zu bremsen", sagte er. Stefan Mann, stellvertretender BDM-Bundesvorsitzender sprach von einem 60-prozentigen Lieferrückganz bundesweit.

Zahlreiche Milchbauern in Rheinland- Pfalz beteiligen sich seit Dienstag an dem bundesweiten Milch- Lieferstopp an Molkereien, um einen höheren Preis von 43 Cent pro Liter zu erkämpfen. Derzeit liegt er etwa zehn Cent darunter. Die Versorgung der Bevölkerung mit Milchprodukten sei trotz des Streiks sichergestellt, sagte Hochwald-Chef Engel. Nur wenn der Lieferboykott längerfristig und flächendeckend in ganz Deutschland stattfinde, könnte die Milch knapp werden. Dies sei aber nicht der Fall. Bei der MUH fehle von der durchschnittlichen Tagesmenge von drei Millionen Litern eine knappe Million Liter, sagte MUH-Sprecher Rommel. Die Molkerei werde versuchen, möglichst lange den Handel zu beliefern. Nach seinen Angaben gibt es vom Handel bislang noch keine Reaktion auf den Streik. „Der Handel macht gar nichts, der nimmt das nur zur Kenntnis.“ Eines steht seiner Meinung nach schon fest: „Es wird keine Gewinner geben, sondern nur Verlierer.“ Die MUH verarbeitet mehr als eine Milliarde Kilogramm Milch im Jahr.

Am Donnerstagnachmittag sollte im belgischen Büllingen der Startschuss für einen dortigen Lieferstopp fallen, sagte Grommes. Die Bauern in Belgien zeigten sich mit den deutschen solidarisch. Dadurch werde sich der Anlieferungsrückgang noch „weiter verschärfen“. Ihre Solidarität mit den streikenden Milchbauern erklärte am Donnerstag auch der Bioland e.V. Bioland-Bauern unterstützen die Forderung nach einem „fairen Milchpreis“, hieß es.

Inzwischen mehren sich Stimmen von Landwirten, die den Streik als gescheitert betrachten. Ausfälle bei den Molkereien von 30 Prozent seien zu wenig, um das Ziel zu erreichen, sagte ein streikender Milchbauer aus dem Westerwald. „Wenn von Anfang an alle massiv mitgemacht hätten, hätten wir vielleicht eine Chance gehabt.“ Der Einzelhandel wisse, dass die Bauern den Streik nicht auf Dauer durchhalten könnten. „Das sitzen die jetzt aus.“

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