Trier: Adolf Hitler auch formal nicht mehr Ehrenbürger

Trier · Der Trierer Stadtrat hat bei einer Gegenstimme mit großer Mehrheit beschlossen, die an Adolf Hitler und seinen Reichs-Unterrichtsminister Berhard Rust verliehene Ehrenbürgerwürde nachträglich abzuerkennen. Lediglich der NPD-Vertreter stimmte dagegen.

 Auch Trier hat eine Nazi-Vergangenheit, wie das Foto vom Hitler-Besuch dokumentiert, aufgenommen in der Kölner Straße in Trier-West. Foto: Stadt-Archiv Trier

Auch Trier hat eine Nazi-Vergangenheit, wie das Foto vom Hitler-Besuch dokumentiert, aufgenommen in der Kölner Straße in Trier-West. Foto: Stadt-Archiv Trier

(mic) Triers Oberbürgermeister Klaus Jensen sagte, der Antrag sei ein "Zeichen gegen Rassismus und Nationalismus und für Demokratie und Toleranz". Dass der Beschluss 65 Jahre nach Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft beschlossen werden solle, rechtfertigte er so: "Die Auseinandersetzung mit der Ideologie des Rechtsextremismus, die die Welt ins Unglück gestürzt hat, ist leider notwendige Daueraufgabe aller Demokraten und damit auch des Stadtrats." Der Ältestenrat des Trierer Stadtrats und seine Vorgänger hätten sich mehrfach "eindeutig und unzweifelhaft" von Hitler und Rust und ihren Taten distanziert und erklärt, dass die Ehrenbürgerwürde verwirkt und erloschen sei. Dennoch habe es immer wieder auch aus dem Ausland Anfragen gegeben, ob Hitler noch Ehrenbürger der Stadt sei. Diese Anfragen kämen verstärkt, "seit in diesem Rat ein Vertreter einer Partei eingezogen ist, die zweifelsohne eine bedenkliche ideologische Nähe zu der antidemokratischen und rassistischen NSDAP aufweist", meinte er im Hinblick auf NPD-Stadtratsmitglied Safet Babic. Mit dem Beschluss würden Zweifel und Unsicherheiten endgültig ausgeräumt.

CDU-Fraktionschef Berti Adams sagte, mit dem Beschluss werde ein Zeichen gegen jede Form des politischen Extremismus gesetzt. Der Beschluss sei eine eine Würdigung, Bekräftigung und Fortschreibung der bereits vom Ältestenrat getroffenen Beschlüsse.

"Besser spät als nie", sagte Markus Nöhl von der SPD-Fraktion. Der Beschluss sei ein "politisches und moralisches Zeichen des Rates". Von einem Signal der Achtung der Menschenwürde sprach Rainer Marz von den Grünen. Karl-Josef Gilles äußerte "vorsichtige Kritik" am Beschluss, den seine Fraktion eigentlich nicht für notwendig erachte. Die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft sei von der Verwaltung eigentlich längst vollzogen worden. Seine Fraktion stimme dem Antrag dennoch zu. Zustimmung kam auch von der FWG und Linken-Stadträtin Katrin Werner.

NPD-Mitglied Safet Babic, dessen Redebeitrag von Zwischenrufen unterbrochen wurde, stellt den absurden Ergänzungsantrag, auch Konrad Adenauer die Ehrenbürgerschaft zu entziehen, weil er die Wiedervereinigung nicht ermöglicht und damit die SED-Herrschaft in der DDR ermöglicht habe. Diesen Antrag lehnte der Rat geschlossen bis auf Babic ab.

Ungewöhnlich für eine Stadtratssitzung: Mehrere Polizisten sicherten den Saal. Laut Auskunft des Presseamtes gab es aber keinen konkreten Anlass, die Polizei neben dem üblichen städtischen Ordnungsdienst hinzuzuziehen.

Zuvor hatte es vor allem innerhalb der CDU Unstimmigkeiten gegeben. Die ehemaligen Oberbürgermeister Carl-Ludwig Wagner und Helmut Schröer hatten den Beschluss als „überflüssig und irreführend“ bezeichnet. Der Beschluss erwecke den falschen Eindruck, „die Stadt habe erst sich erst heute dazu entschlossen, sich von der Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Adolf Hitler zu distanzieren“. Wagner und Schröer verwiesen auf eine Vielzahl von Erklärungen, die die Stadt zu diesem Thema abgegeben habe und die deutlich gemacht hätten, dass Hitler die Ehrenbürgerschaft "durch verbrecherisches und würdeloses Verhalten verwirkt hat".

1950 hatte der Ältestenrat des ersten frei gewählten Stadtrats nach dem Krieg festgehalten, dass Hitler und Rust ihre Ehrenbürgerschaft durch ihre verbrecherische Politik verwirkt hätten. Diese Erklärungen wurden 1979 und 1983 im Ältestenrat bekräftigt.

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