Trierer SPD: Radikaler Generationsgewechsel

Trier · Das Personaltableau der SPD für die Stadtratswahl am 7. Juni 2009 war bislang ein sorgfältig gehütetes Geheimnis. Gestern Abend traf sich der erweiterte Vorstand, um entscheidende Weichen zu stellen. Die Beratung dauerte bis in den späten Abend, und das Ergebnis dürfte manchen überraschen.

Es waren die Alten, die den radikalen Generationswechsel an der Spitze auf den Weg brachten: Eine Findungskommission unter Mitwirkung von Veteranen wie Karl Haehser und Peter Dietze hatte den Parteigremien den Vorschlag unterbreitet, den 26-jährigen Lehramts-Studenten Sven Teuber als Spitzenkandidaten zu nominieren und die 36-jährige Juristin Regina Bux auf Platz 2 zu setzen.

Mit dem langjährigen Ratsmitglied Rainer Lehnart und dem bisherigen Fraktionsstellvertreter Peter Spang gehören zwei erfahrene Kommunalpolitiker mit Stallgeruch zu den „Top Five“, die von der Umweltexpertin Begona Hermann komplettiert werden.

Offiziell muss die Liste von einem Parteitag am 13. Dezember abgesegnet werden, und die Platzierung auf der Liste bedeutet nicht automatisch eine Bindung für die spätere Fraktion. Aber Parteichefin Malu Dreyer macht keinen Hehl daraus, dass das „Ticket“ des Parteivorstands wunschgemäß auch die künftige SPD-Führungsspitze im Stadtrat ausmachen soll.

Dass der erst seit fünf Jahren in Trier wohnende Teuber dabei die zentrale Rolle spielt, ist fraglos die größte Überraschung. Er gilt als großes politisches Talent, übernahm bereits mit 22 den Vorsitz des SPD-Ortsvereins Trier-Süd und rückte als stellvertretender Stadtverbandsvorsitzender schnell in die vorderste Reihe auf. „Wir wollen Aufbruch signalisieren“, sagt Dreyer und versichert, dass sie dem Youngster die führende Rolle in der Kommunalpolitik „absolut zutraut“.

Die erwarteten und für manchen auch erhofften großen Namen aus dem Umkreis der Klaus-Jensen-OB-Wahlhelfer sucht man freilich auf der Liste vergebens. Man habe den einen oder anderen gefragt, lässt Dreyer durchblicken. Aber offenbar war die Lust der Promis aus Uni, Wirtschaft, Gesundheit und Gesellschaft, sich den Tort der Stadtrats-Alltagsarbeit anzutun, nicht allzu ausgeprägt.

Immerhin sei es gelungen, „zwei parteiunabhängige Frauen“ für vordere Listenplätze zu gewinnen. Eine davon ist nach TV-Informationen die Trier-Norder Quartiersmanagerin Maria Ohlig. Auch Kandidatinnen wie die Ausländerbeauftragte Maria Duran-Kremer und die Palliener Schulleiterin Carola Siemon sollen auf gute Plätze kommen – die Listenaufstellung war bei Redaktionsschluss noch in vollem Gange.

Selbstständige wie Thomas Neises und Stefan Wonnebauer sollen offenkundig das Wirtschafts-Spektrum ansprechen. Ob sie tatsächlich in den Rat einziehen, hängt aber davon ab, ob alte Fahrensleute wie Bruno Cordel und Hans-Willi Triesch ihnen beim Kumulieren nicht den Rang ablaufen.

Das Wahlziel der SPD wirkt durchaus bescheiden: „Richtung 30 Prozent bewegen“ will sich Malu Dreyer. Angesichts der derzeitigen 23 Prozent (elf Sitze) und des zu erwartenden Sechs-Parteien-Parlaments könnte es sich trotzdem als ambitioniert herausstellen.
Meinung

Alles auf Risiko

Von Dieter Lintz

Die SPD hätte es sich leicht machen können: Den bewährten Rainer Lehnert auf Platz 1, den Nachwuchs dahinter. Aber Malu Dreyer wollte nicht den sicheren Weg, sie wollte ein klares Aufbruch-Signal. Und weil der langsam verblassende OB-Wahl-Schwung dafür nicht mehr viel hergab, hat man sich entschieden, Vertrauen in die eigene Jugend-Abteilung zu setzen. Kein schlechter Plan, eine Identifikationsfigur für jenen großen Teil des Wahl-Publikums anzubieten, der die ewig alten Gesichter der Trie-rer Kommunalpolitik leid ist.

Aber da ist auch ein beachtlicher Risiko-Faktor. Die zu erwartende, äußerst schwierige Konstellation im Rat braucht clevere Vermittler, Strippenzieher, „Spin Doctors“, wie das auf Neu-Politdeutsch heißt. Politiker, die als Architekten hinter den Kulissen tragfähige Kooperationen schmieden können.

Sven Teuber wird im Wahlkampf zeigen müssen, dass er so was kann. Das jugendliche Alter und der Status als „Trier-Neuling“ sind kein Gegenbeweis. Aber die Konkurrenz wird sich darauf einschießen.

d.lintz@volksfreund.de

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