Wittlich: Moschee spielt Vorreiterrolle

Die Gemeinde der Eyüp-Sultan-Moschee in Wittlich führt einen außerordentlich offenen Dialog mit Behörden und der Polizei. Deshalb besuchten mittlerweile Polizisten aus ganz Rheinland-Pfalz die Pilot-Moschee im Rahmen von Islam-Seminaren.

Barfüßig sitzen rund ein Dutzend Polizeibeamte im Schneidersitz oder auch bequem an die Wand gelehnt auf dem Teppich im Gebetsraum der Eyüp-Sultan-Moschee in der Wittlicher Schlossstraße. Sie lauschen den Worten des türkischen Imam Memet Yeni. Yilmaz Yildiz, Vorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde übersetzt die Ausführungen des Imam zum Islam. Später stellen die Beamten Fragen. An und für sich ist dies ein eher ungewöhnliches Bild, doch in der Eyüp-Sultan-Moschee gehört es schon fast zum Alltag. Diesmal sind es Dienststellenleiter und Bezirksbeamte des Polizeipräsidiums Koblenz, die sich in der Moschee informieren. Ansonsten waren bereits aus den übrigen vier Präsidien von Rheinland-Pfalz, also aus Trier, Mainz, Ludwigshafen und Kaiserslautern Delegationen vor Ort. Sie alle, insgesamt 90 Leute, besuchten die Moschee im Rahmen eines Grundlagen-Seminars zum Islam, das an der Landespolizeischule am Hahn läuft. Von daher klingt es glaubhaft, wenn Yilmaz Yildiz sagt: „Am dritten Oktober ist wieder Tag der offenen Tür in den Moscheen in Deutschland. In Wittlich ist immer Tag der offenen Tür.“

Nicht nur in Rheinland-Pfalz hat die Eyüp-Sultan-Moschee mit ihrem offenen Dialog eine Vorreiterrolle übernommen. Dr. Herbert Fischer-Drumm, evangelischer Pfarrer und Sozialwissenschaftler, der an der Landespolizeischule für Aus- und Fortbildung zuständig ist, sagt: „Bei der vom Innenministerium empfohlenen Zusammenarbeit von Polizei und Muslime liegen wir ziemlich vorne in Deutschland, andere Bundesländer ziehen nun nach.“ Doch wie kommt es, dass ausgerechnet die kleinste türkisch-staatliche Moschee der Dachorganisation DITIB (zu deutsch: Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.) in Rheinland-Pfalz solch eine Pilotfunktion übernimmt?

Es war die direkte Nachbarschaft von Polizeiinspektion und Moschee, die neben der Offenheit auf beiden Seiten in den vergangenen Jahren ein enges und teilweise recht herzliches Miteinander hat entstehen lassen. Doch dass die Polizei in Rheinland-Pfalz von den vielen muslimischen Organisationen in Deutschland gerade die DITIB ausgewählt hat, hat noch mehr Gründe. Fischer-Drumm erklärt: „Wir haben eine muslimische Organisation gesucht, die zuverlässig ist.“ Außerdem lasse die DITIB auch unangenehme Themen zu, so werde beispielsweise über Gewalt in engen sozialen Beziehungen gesprochen oder auch über Drogen. Hintergrund der Zusammenarbeit von Polizei und Muslimen sind laut Fischer-Drumm Probleme mit Jugendlichen. Der Dialog mit den muslimischen Gemeinden solle der Vorbeugung von Straftaten dienen. Fischer-Drumm: „In manchen Revieren liegt der Anteil ausländischer Mitbürger bei 35 Prozent. Da brauchen wir Kulturdolmetscher.“ Bei der Einstellung würden auch immer mehr Leute mit Migrationshintergrund berücksichtigt. Doch bei aller Euphorie ob der guten Zusammenarbeit wird Fischer-Drumm dennoch nicht unkritisch: „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir es hier mit patriachalen Strukturen zu tun haben.“ Generell meint er: „Man darf bei diesem Dialog nicht alles abnicken. Ein Dialog ist nur einer, wenn wir uns auch gegenseitig etwas zumuten können. Mit der DITIB geht das.“

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