Anspruch und Wirklichkeit

Trier · Bei der U-3-Betreuung bestehen innerhalb der Region deutliche Unterschiede. Ohne das Angebot an Tagesmüttern könnte vielerorts der Anspruch auf eine Betreuung gar nicht umgesetzt werden.

Trier. Die Stadt Trier gehört in Sachen Kleinkindbetreuung zu den Spitzenreitern im Land. Sie liegt laut Statistischem Landesamt auf Platz zwei direkt hinter Landau. Auch der Kreis Trier-Saarburg steht beim Ausbau der U-3-Betreuung gut da. Er landet bei den Landkreisen ebenfalls auf Platz zwei hinter Mainz-Bingen. Bei der Trier-Saarburger Kreisverwaltung rühmt man sich, mit dem Angebot von Tagesmüttern bei der Kleinkindbetreuung sogar zehn Prozent über der durchschnittlichen Quote im Land (42 Prozent) zu liegen. Rekordverdächtig ist die Betreuungsquote in Bernkastel-Wittlich, die von der Kreisverwaltung mit 73 Prozent angegeben wird.
Diese Zahlen zeigen, wie unterschiedlich das Angebot für die U-3-Betreuung ist. Auch bestehen innerhalb der Kreise örtliche Unterschiede. Es gebe regionale Defizite bei der Verwirklichung des Rechtsanspruchs auf eine Kleinkindbetreuung, heißt es etwa aus der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm. Dieser Rechtsanspruch, der seit 1. August 2013 besteht, besagt: "Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege." Damit haben die Eltern also ein Wahlrecht zwischen einem Kitaplatz oder eine Betreuung durch eine Tagesmutter. Ein einklagbarer Anspruch auf eine Betreuung besteht allerdings nicht am Wohnort, das heißt, Eltern müssen auch längere Fahrzeiten zur nächsten Kita oder Tagesmutter in Kauf nehmen.
Bei der Planung des Betreuungsbedarfs sind die Kommunen jedoch auf statistische Durchschnittswerte angewiesen. Denn die unter Zweijährigen, die möglicherweise in zwei Jahren betreut werden sollen, sind vielleicht noch gar nicht geboren. Das Jugendamt des Kreises Bitburg-Prüm behilft sich daher mit durchschnittlichen Geburtsstatistiken und Erfahrungswerten beim Betreuungsbedarf: Bei den Zweijährigen wird mit einer Betreuungsquote von 85 Prozent des Jahrgangs gerechnet, bei den Einjährigen mit 35 Prozent.
Trotz allem reichen die neu hinzugekommenen Kitaplätze nicht überall aus, um den Bedarf zu decken. So fehlen in Bitburg-Prüm noch 199 Plätze. Und ohne das Angebot von Tagesmüttern wäre die Lücke noch größer. So werden in Trier und Trier-Saarburg jeweils zehn Prozent der unter Dreijährigen in der Tagespflege betreut. Bislang hätten so alle Nachfragen für eine Kleinkindbetreuung ausnahmslos erfüllt werden können, heißt es aus der Kreisverwaltung Trier-Saarburg.Extra

Die Bertelsmann-Stiftung hat im Juli die Qualität der frühkindlichen Bildung in Rheinland-Pfalz untersucht. Demnach gibt es hierzulande zu wenige Erzieherinnen für die in Kitas betreuten Kinder. Die Stiftung empfiehlt, dass sich bei unter Dreijährigen ein Erzieher um höchstens drei Kinder kümmert. In Rheinland-Pfalz beträgt dieser Personalschlüssel 1:3,8. Auf durchschnittlich 9,3 Kitakinder, die älter als drei Jahre sind, kommt im Land eine Erzieherin. Pädagogisch arbeiteten die Fachkräfte nur 75 Prozent ihrer Arbeitszeit (abzüglich Urlaub, Fortbildungen usw.), daher sei das Betreuungsverhältnis in der Praxis noch schlechter und liege bei den älteren Kindern bei 1:12,4. Empfohlen wird laut Stiftung ein Verhältnis von 1:7. Der Studie zufolge fehlen in Rheinland-Pfalz 5400 Vollzeitstellen für Kitaerzieherinnen, davon 2350 für Kleinkinder unter drei Jahren. Die Stiftung veranschlagt dafür zusätzliche Personalkosten von 237 Millionen Euro in Rheinland-Pfalz, das bisher gut 800 Millionen Euro fürs Kitapersonal ausgebe. Die Bertelsmann-Stiftung, die sich überwiegend aus Erträgen des gleichnamigen Medienkonzerns finanziert, begleitet Kitaausbau und frühkindliche Bildung in Deutschland in einem jährlichen Ländermonitor kritisch. Der Stiftung geht es bei ihren Studien nach eigenen Angaben auch darum, dazu beizutragen, "dass junge Menschen erfolgreicher und früher als heute in den Arbeitsmarkt integriert werden und Arbeitnehmer dank ihrer Bildung länger als heute produktiv am Erwerbsleben" teilhaben. red laendermonitor.de

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