Arme Kirche, reiche Kirche - Verschuldete Pfarreien kommen auf kuriose Ideen

Trier · Das Bistum Trier will am Montag erstmals einen Geschäftsbericht veröffentlichen und damit seine Finanzen transparenter machen. Die für dieses Jahr prognostizierten satten Einnahmen dürften vor allem bei jenen Kirchengemeinden Begehrlichkeiten wecken, die finanziell am Ende sind. Davon gibt es etliche.

 Schuldenberg geerbt: der Kirner Pfarrer Heribert Barzen. Foto: Rhein-Zeitung

Schuldenberg geerbt: der Kirner Pfarrer Heribert Barzen. Foto: Rhein-Zeitung

Mitte vergangenen Jahres hatte die Kirner Gemeindereferentin Monique Frey eine Idee, wie die mit rund 230 000 Euro verschuldete Kirchengemeinde der finanziellen Misere entkommen könnte. Wenn jeder der 2610 Gemeindemitglieder 88,88 Euro zahlte, wäre die Pfarrei schuldenfrei, rechnete die Referentin vor.

Ein nicht ganz ernst gemeinter Vorschlag, dessen Umsetzung schon allein deshalb zum Scheitern verurteilt war, weil sich das Interesse der Kirner Gläubigen arg in Grenzen zu halten schien. Gerade einmal 36 Frauen und Männer waren seinerzeit der Einladung zum Krisentreffen im örtlichen Pfarrzentrum gefolgt.Vorweggenommene Bescherung


Etwas mehr können sich die Kirner Katholiken jetzt vom neuesten Zahlenwerk aus dem Bistum Trier erhoffen, das am Montag vorgestellt wird. Der (erstmals so genannte) Geschäftsbericht listet auf, was das Bistum in diesem Jahr an Einnahmen und Ausgaben zu erwarten hat.

Auf einen einfachen Nenner gebracht ist das Ergebnis so etwas wie eine vorweggenommene Bescherung. Nach den unserer Zeitung vorliegenden Zahlen soll allein die Kirchensteuer um zehn Prozent oder 28 Millionen Euro auf 290 Millionen Euro steigen. Mit Vermögenserträgen (18,5 Mio. Euro), den sogenannten Staatsleistungen (16,2 Mio.), Zuschüssen (51 Mio.) und Spenden (eine Million) summieren sich die prognostizierten Gesamteinnahmen des Bistums auf 384 Millionen Euro, 27 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Warum in diesem Jahr mit einer derart deutlichen Erhöhung der Kirchensteuereinnahmen gerechnet wird, wollte das Bistum unter Verweis auf die bevorstehende Haushaltspressekonferenz nicht sagen.

Größter Posten auf der Ausgabenseite ist das Personal, für das 214 Millionen Euro veranschlagt sind, 4,3 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Sachkosten (122 Mio. Euro) und Baukostenzuschüsse (27,2 Mio.) sind die nächst größeren Ausgabenposten. Insgesamt kalkulieren die bischöflichen Kämmerer im laufenden Jahr mit Ausgaben von 378,6 Millionen Euro. Unter dem Strich schließt das Jahr 2014 nach den Vorausberechnungen mit einem Plus von 5,5 Millionen Euro ab. In den vergangenen Jahren konnte der Haushalt nur durch einen millionenschweren Griff in die Rücklagen ausgeglichen werden. So wurde der Fehlbetrag allein für das zurückliegende Jahr auf knapp 19 Millionen Euro geschätzt.

Angeblich soll das diesjährige Plus zur Hälfte an klamme Pfarreien ausgeschüttet werden, ist aus Trierer Bistumskreisen zu hören.Willkommene Teilentschuldung?

Den Kirner Pfarrer Heribert Barzen, der eine Viertel Million Euro Schulden vor sich herschiebt, würde das freuen. "Ich könnte eine Teilentschuldung gut gebrauchen", sagt der Geistliche, "so dass mich zumindest die Zinslast nicht mehr drückt."

Barzen, der erst seit gut zwei Jahren in der Pfarreiengemeinschaft ist, hat die Verschuldung geerbt, wie er selbst sagt. "Das ist über zehn, 15 Jahre entstanden", ohne dass jemand etwas dagegen unternommen habe - weder sein Vorgänger, noch der Verwaltungsrat oder die Rendantur, und auch nicht das Trierer Generalvikariat.
Als letzten Ausweg aus der Finanzmisere denkt der Kirner Pfarrer jetzt über einen Gang zum Insolvenzgericht nach. "Ich sehe das professionell", sagt Heribert Barzen.

Mehr zum Thema: Rekordeinnahmen und leere Kassen - Paradoxe Zustände im Bistum Extra

Die Kirchensteuer ist eine von mehreren Quellen zur Finanzierung der seelsorgerischen Arbeit der Kirchen. Sie beträgt beispielsweise in Rheinland-Pfalz und im Saarland neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer, in einigen Bundesländern sind es acht Prozent. Die Abgabe wird vom Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst etwa drei Prozent des Steuereinkommens. Nur etwa ein Drittel der 50 Millionen Kirchenmitglieder in Deutschland zahlt Kirchensteuer. Kinder und Jugendliche ohne eigenes Einkommen, alte Menschen mit geringer Rente und Arbeitslose sind ausgenommen. Zudem hat jeder Bürger das Recht, seinen Austritt aus einer Religionsgemeinschaft beim Standesamt zu erklären - dann muss er auch keine Kirchensteuer mehr zahlen. Solche Steuern dürfen nur Religionsgemeinschaften erheben, die vom jeweiligen Kultusministerium als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt wurden. dpa/sey

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