Asylbewerber leben auf engstem Raum in ehemaliger Trierer Kaserne

Trier · Über 1400 Asylbewerber leben auf engstem Raum in der ehemaligen Bundeswehrkaserne in Trier-Euren. Die Aufnahmeeinrichtung ist hoffnungslos überfüllt. Doch bis weitere Einrichtungen fertig sind, dauert es.

 Am Dienstagmorgen gegen 10 Uhr will sich der rheinland-pfŠlzische Innenminister Roger Besuch von Innenminister Roger Lewentz in der Aufnahmeeinrichtung in Trier-Euren nach der naechtlichen Auseinandersetzung zwischen Asylbegehrenden im Verlauf eines Fussballspiels, bei der eine Person verletzt wurde. TV-Foto: Friedemann Vetter TV-Foto: Friedemann Vetter

Am Dienstagmorgen gegen 10 Uhr will sich der rheinland-pfŠlzische Innenminister Roger Besuch von Innenminister Roger Lewentz in der Aufnahmeeinrichtung in Trier-Euren nach der naechtlichen Auseinandersetzung zwischen Asylbegehrenden im Verlauf eines Fussballspiels, bei der eine Person verletzt wurde. TV-Foto: Friedemann Vetter TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

Trier. Dicht an dicht in vier Reihen stehen die Doppelstockbetten in dem Zelt. Einige sind ordentlich gemacht, auf anderen liegen Handtücher, Wäsche, Tüten. Manche Bewohner sitzen oder liegen auf den Betten. Ein Kind spielt vor dem Zelt mit einem Plastik-Betonmischer. Trotzdem wirkt alles sehr trostlos auf dem ehemaligen Kasernengelände der Luftwaffe in der Luxemburger Straße in Trier-Euren. Seit Februar 2014 leben hier Asylbewerber. Die Kaserne ist zur Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in der Dasbachstraße in Trier-Nord geworden.

In einer ehemaligen Soldatenunterkunft sitzen einige Männer auf den Fensterbänken des dreigeschossigen Gebäudes, schauen nach unten. Dort haben sich zahlreiche Journalisten versammelt, warten auf Innenminister Roger Lewentz und die Staatssekretärin aus dem rheinland-pfälzischen Integrationsministerium, Margit Gottstein. Die Landesregierung will heute Flagge zeigen. Zeigen, dass sie das Schicksal der Flüchtlinge ernst nimmt.

Am Abend zuvor hat es auf dem holprigen Braschenplatz, der kaum den Namen Sportplatz verdient, vor dem Gebäude eine Schlägerei gegeben . Ein Tor bei einem von den Betreuern der Bewohner organisierten Fußballspiel hat gereicht, um die ohnehin schon angespannte Lage eskalieren zu lassen. Kurz vor 21 Uhr haben sich "einige Dutzend", wie die Polizei später mitteilt, Albaner und Syrer vor mehreren Hundert Zuschauern in die Haare bekommen. Es kommt zum Streit, der zu einer Massenschlägerei ausartet. Angeblich soll ein Albaner einen Syrer niedergeschlagen haben.

Um 21.03 Uhr wird die Polizei gerufen. Mit einem Großaufgebot rückt sie an. 76 Beamten gelingt es, die Streithähne zu trennen, die Lage zu beruhigen. Zwei Albaner und einen Syrer nimmt die Polizei vorläufig in Gewahrsam. Ein 24-jähriger Mann liegt beim Eintreffen der Beamten auf dem Bolzplatz. Er wird vom Notarzt behandelt, in ein Krankenhaus gebracht, das er aber noch in der Nacht wieder verlassen hat.

Doch auch nach dem Polizeieinsatz bleibt die Situation angespannt in der Einrichtung. Noch am Abend protestieren Syrer mit einer Sitzblockade gegen die angeblich ständigen Anfeindungen durch Albaner. Auch jetzt, kurz bevor der Minister und die Staatssekretärin vorfahren, kommt es plötzlich zu lautstarken Auseinandersetzungen. Bewohner versuchen, ihre Landsleute zu beruhigen. Die ohnehin an diesem Morgen verstärkt anwesenden Polizisten halten die streitenden Gruppen auseinander. Syrer haben wohl den Albaner gesehen, der am Abend zuvor den Streit provoziert haben soll. Kurz darauf fahren mehrere Zivilfahrzeuge der Polizei vor. Sie bringen Polizeihunde auf das Gelände. Vorerst bleiben diese im Kofferraum.

Eine Unterbringung so vieler Menschen auf engstem Raum berge natürlich Konfliktpotenzial, sagt Gottstein später. Geplant gewesen ist die Aufnahmeeinrichtung vor einem Jahr für maximal 180 männliche Flüchtlinge. Jetzt leben dort 1460, darunter viele Familien mit Kindern. Jeden Tag verlassen Asylbewerber die Einrichtung, werden auf Kommunen im Land verteilt. Doch es kommen täglich immer mehr Neuankömmlinge hinzu.Schlägerei wird zum Politikum


Mit den über 1700 Bewohnern in der Dasbachstraße leben in Trier über 3000 Asylbewerber in der Erstaufnahmeeinrichtung. Das sei schon eine Belastung, sagt Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe. Diese sei aber zu stemmen. Lewentz fordert eine zügigere Bearbeitung von Asylverfahren, vor allem von Flüchtlingen aus dem Balkan. Diese hätten kaum eine Chance auf Asyl in Deutschland. Daher müsse sich der Bund daran halten, die 2000 zugesagten Stellen beim für die Asylbewerber zuständigen Bundesamt für Migration zu schaffen. Auch Staatssekretärin Gottstein spricht sich für eine Priorisierung der Asylverfahren aus. Nahezu aussichtslose Verfahren, wie etwa die der Albaner, sollten beschleunigt bearbeitet werden. Man versuche, mit diesen Flüchtlingen auch direkt in den Einrichtungen Rückkehrergespräche zu führen und ihnen die Heimreise mit Bahntickets schmackhaft zu machen.

Die Schlägerei unter den Asylbewerbern am Montag wird auch zum Politikum. Die CDU-Fraktion im Landtag wirft der Landesregierung Versagen in der Asylpolitik vor.

Statt - wie Lewentz es am Dienstagmorgen gemacht hat - organisierte Fußballspiele in der Einrichtung zu untersagen, solle das Land die Überbelegung in den Aufnahmeeinrichtungen abschaffen, sagt der integrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Adolf Kessel.

Gottstein wehrt sich gegen den Vorwurf, das Land schaffe nicht schnell genug weitere Unterkünfte. Leerstehende Kasernen, Hotels oder Schulen könnten nicht einfach zu Asylbewerberunterkünften gemacht werden. Mit jeder Nutzungsänderung der Gebäude würden die neuesten Brandschutzverordnungen gelten. Diese umzusetzen sei aufwendig, koste Zeit und Geld.

Auch müssten Wasser- und Stromleitungen in den Gebäuden oft erst erneuert werden. Gottstein rechnet damit, dass ab Herbst in der ehemaligen Hochwaldkaserne in Hermeskeil eine zusätzliche Aufnahmeeinrichtung eröffnet werden kann.

Seit einem Jahr wird darüber diskutiert. Man wolle nicht an den Bürgern vorbei solche Einrichtungen schaffen, begründet Gottstein die lange Dauer, bis der dringend benötigte zusätzliche Platz für Asylbewerber fertig ist.
Doch selbst wenn das Land dann mit vier Aufnahmeeinrichtungen über fast 5000 Erstaufnahmeplätze verfügt, müsse es wohl weiter Notunterkünfte in Containern geben.Mehr zum Thema

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