Bekommen Trierer Polizisten die umstrittenen Strompistolen? Beamte und Menschenrechtler diskutieren über Alternative

Mainz · Ist es sinnvoll, wenn Polizisten Elektroschockwaffen einsetzen? Polizeibeamte sagen Ja, Menschenrechtler Nein. Im Land gibt es bereits den Gedanken, die Pistolen zu testen – und zwar in Trier.

Es ist ein schwacher Stromimpuls mit hoher Spannung von 50.000 Volt, der die Muskulatur von Getroffenen lähmt. Angreifer lassen ihr Messer fallen, sind für Sekunden regungslos. Ralf Krämer kennt die Elektropistolen, weil er früher Chef des rheinland-pfälzischen Spezialeinsatzkommandos (SEK) war. Das darf die Waffe einsetzen.

Den Streifen im Land ist das nicht erlaubt. Doch das könnte sich ändern. Seit Juli leitet Krämer die Polizeiinspektion in Trier. Und dort könnten Beamte möglicherweise erstmals im Land mit den sogenannten Tasern (siehe Extra) ausgerüstet werden - in einem Pilotprojekt. Der 49-Jährige weist aber darauf hin, dass darüber erst einmal beraten werden müsse. "Mit Polizisten, Rechtsexperten, Technikern - sorgfältig in großer Runde", sagt er. Das könne einige Monate dauern. Der Grund dafür: Die Strompistolen sind nicht unumstritten.

Das zeigte auch eine Diskussion im Innenausschuss des Landtags. Polizeivertreter sprachen sich für den Einsatz von Tasern aus, Menschenrechtsvertreter dagegen. Die Polizei hofft, mit den Elektroschockpistolen eine Alternative zu Waffen und Pfefferspray zu haben. Benno Langenberger, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, sagt: "Die Gewalt gegen Polizisten hat ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen, es gibt immer mehr Messerattacken und Stichverletzungen." Er weist daraus hin, dass die Elektropistole sich nicht eigne, wenn Beamte im Einsatz bei großen Menschenansammlungen sei - wie bei Fanrandalen im Fußball oder gewaltsamen Demonstrationen.

Bei einzelnen Angriffen könne die Elektropistole aber helfen. Gefahr bestehe dann, wenn der Getroffene nach dem Schuss unkontrolliert falle. "Aber man muss ins Verhältnis setzen, dass der Einsatz einer echten Waffe tödlich enden kann."

Oliver Schürch, Polizist aus dem Schweizer Kanton Uri, hat die Elektropistole längst eingeführt. Ein Angriff auf zwei Polizisten sei seine Motivation gewesen. Die Beamten mussten einen Schlagstock einsetzen, kamen wie der Angreifer ins Krankenhaus und trugen bleibende Schäden davon. Die Strom-Abwehr aus der Distanz hält er für eine bessere Wahl. Bei 154 Einsätzen habe es im Kanton lediglich sieben Leichtverletzte gegeben.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sieht das kritischer. In den USA und Kanada sei es beim Einsatz von Elektropistolen zu Todesfällen gekommen. Außerdem bestehe die Gefahr von Missbrauch angesichts der häufig verbreiteten Aussage, die Pistole sei harmlos, sagt Mathias John. Er fordert: "Die Waffe gehört bestenfalls in die Hand von Spezialisten, die ausgebildet sind."

Der Innenausschuss berät in seiner nächsten Sitzung die Ergebnisse der Anhörung. Es könnte auch ein Wink für Trier sein, ob Polizisten dort bald die Elektropistolen bekommen.
Extra

Elektroschockpistolen (amtlich Distanz-Elektroimpulsgeräte) werden auch als Taser bezeichnet. Sie können eingesetzt werden, um kurzzeitig Personen bewegungsunfähig zu machen. Sie verschießen Pfeile, die über dünne Drähte mit einer Batterie verbunden sind. Dadurch erhält der Getroffene einen Elektroschock, der die Muskeln lähmt. Ein Elektroschocker dagegen wirkt nur lokal und verursacht hauptsächlich Schmerzen.
Taser gelten rechtlich als Waffen, die keine Schusswaffen sind. Sie werden in Europa unter anderem in Frankreich, in der Schweiz und in Schweden jeweils im Streifendienst eingesetzt.

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