Besucherzahlen am Nürburgring seit Jahrzehnten geschönt

Mainz/Nürburg · Den Verdacht hatten viele Nürburgring-Kritiker schon lange, aber jetzt liegen konkrete Zahlen vor: An der Eifelrennstrecke wurde über Jahrzehnte mit geschönten Zahlen gearbeitet. Nur ein Bruchteil der gezählten Gäste hat tatsächlich Eintritt bezahlt. Extra: Die Zuschauerzahlen im Überblick finden Sie in diesem Artikel.

 Der Nürburgring ist nach wie vor in der Diskussion. TV-Foto: Marietta Schmuhl-Daschner

Der Nürburgring ist nach wie vor in der Diskussion. TV-Foto: Marietta Schmuhl-Daschner

Die Betreiber des Nürburgrings wollen den Freizeitpark im Winter schließen. Sie gehen aber davon aus, dass die Formel 1 weiter in der Eifel rollt. Das Ursprungskonzept des Freizeitparks sei nicht tragfähig, teilten die Geschäftsführer der Nürburgring Automotive GmbH (NAG), Kai Richter und Jörg Lindner, mit. Sie halten die vereinbarte Erhöhung der Pachtzahlungen an das Land nach Angaben eines Sprechers nur mit einem neuen Konzept für erreichbar und schließen Entlassungen nicht aus. Nach dem neuen Konzept sollen Ringwerk, Cart-Bahn und Ringboulevard "vorübergehend", also im Winter, geschlossen werden. Die NAG-Geschäftsführung rechnet damit, dass sie die Pacht, in diesem Jahr fünf Millionen Euro, durch die geplanten Einschnitte bezahlen kann.

Fakt ist: An der Rennstrecke wurde über Jahrzehnte mit geschönten Zahlen gearbeitet. Nur ein Bruchteil der gezählten Gäste hat tatsächlich bezahlt. Ein Umstand, den die private Nürburgring Automotive GmbH beklagt und der mittlerweile auch von der Regierung zugegeben wird.

Eine Übersicht (siehe Anhang), von der nahezu landeseigenen Nürburgring GmbH im August 2009 erstellt, unterscheidet zwischen verkauften Tickets und publizierten Besucherzahlen. Beim Truck Grand Prix etwa wurden 2009 fast 177.000 Besucher gezählt, 2008 waren es 192.000. Der Abgleich mit den verkauften Karten fällt ernüchternd aus. 2009 wurden 37.000 Tickets abgerechnet, 2008 waren es 37.728. Die Differenz beider Werte beträgt zum Teil gut 150.000 Zuschauer. Ähnlich gravierend sind die Abweichungen beim legendären 24-Stunden-Rennen. Auch hier ein paar Beispiele: 2009 (235.000 angebliche Besucher, 45.000 verkaufte Tickets), 2008 (220.000 Besucher/43.818 Tickets). Die verkauften Eintrittskarten blieben bei allen Veranstaltungen weit unter den veröffentlichten Erfolgsmeldungen.

Manche Beispiele sind fast schon tragisch. Beim Eifelrennen Eifel-Klassik freute man sich 1998 über 35.000 Besucher, ein Ticket hatten aber nur 2947 gelöst. Insgesamt war bei den Rennsportveranstaltungen im Jahr 2007 von 1,06 Millionen Zuschauern die Rede. Abkassiert wurden lediglich 220.889. Ring-Kenner wissen: Mit Besuchern waren oft Besuche gemeint. Wer das ganze Wochenende am Ring weilte, wurde eben dreimal gezählt. Manchmal kamen offiziell sogar mehr Gäste, als es überhaupt Tribünenplätze am Ring gab. DB/dpa

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