Bistum Trier erteilt "Flugblatt"-Priester" Verweis nach sexuellen Übergriffen

Trier · Weil ihm sexuelle Übergriffe in vier Fällen in den 1980er Jahren nachgewiesen wurden, hat der Trierer Bischof Stephan Ackermann einem 70-jährigen Priester im Ruhestand einen "strengen Verweis" erteilt. Das Bistum Trier teilte mit, dem Geistlichen werde die öffentliche Ausübung seines Amtes in jeglicher Weise für ein Jahr untersagt. Zudem muss er 3000 Euro Geldbuße zahlen.

 Dom und Liebfrauenkirche

Dom und Liebfrauenkirche

Foto: Bistum Trier

Für das Bistum Trier steht nun fest: Ein heute 70-jähriger Pfarrer hat sich "im Zeitraum von 1984 bis 1986 in vier Fällen an jungen Menschen in einer Weise vergangen, die als sexuelle Übergriffigkeiten und Grenzverletzungen zu werten sind". Die Erfüllung eines Straftatbestandes nach kirchenrechtlichen Bestimmungen konnte nicht nachgewiesen werden. Der Grund: Zum Zeitpunkt der Taten hatten die Opfer die damals maßgebliche Altersgrenze überschritten - die Vollendung des sechzehnten Lebensjahres. Das teilte das Bistums Trier mit und steht in einem Schreiben des Generalvikariats an Tobias D. (Name geändert) - eines der vier männlichen Opfer.

Der heute 45-Jährige hatte im Juli 2012 angezeigt, von dem damaligen Pfarrer einer saarländischen Gemeinde sexuell missbraucht worden zu sein. Strafrechtlich konnte der Geistliche nicht mehr belangt werden, weil die Taten verjährt sind. Das Bistum Trier hatte kirchenrechtliche Voruntersuchungen eingeleitet, die mehr als eineinhalb Jahre nach der Anzeige abgeschlossen sind.

"Aufgrund dessen, was der Pfarrer ihnen und den anderen betroffenen jungen Menschen angetan hat, hat Bischof Stephan Ackermann ihm einen strengen Verweis erteilt", heißt es weiter in dem Schreiben. Der Verweis ist mit "zwei Bußauflagen" verbunden: Zum einen hat der Bischof dem Pfarrer für die Dauer eines Jahres die öffentliche Ausübung seines priesterlichen Amtes in jeglicher Weise untersagt. Zum anderen muss der Priester eine Geldbuße in Höhe von 3000 Euro an eine Einrichtung zahlen, die in der Beratung und der Prävention gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen tätig ist.

Die Ergebnise der kirchenrechtlichen Voruntersuchungen werden nun der römischen Glaubenskongregation mitgeteilt. Der von Tobias D. gestellte Antrag auf Entschädigung wird an die zentrale Koordinierungstelle bei der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn geleitet. Sie prüft diesen Fall jetzt und wird dem Trierer Bischof dann eine Empfehlung geben.

"Ich bin erleichtert, hoffe nach 29 Jahren meinen Seelenfrieden zu finden" sagt Tobias D. Die Bestrafung des Pfarrers hält er für angemessen und sogar beispielhaft - vorneweg die Zahlung an die Beratungsstelle. Hermann Schell von der Opferinitiative Schafsbrief kritisiert: "Dieser Bischof und die Mehrzahl seiner Kollegen hat nicht begriffen, dass es für einen katholischen Priester keinen weiteren Einsatz in der Seelsorge geben kann, wenn er sich des sexuellen Missbrauchs schuldig gemacht hat." Dabei dürften kirchen- oder zivilrechtliche Verjährungsfristen keine Rolle spielen. "Und schon gar nicht das Alter der Opfer", sagt Schell. Von sexueller Übergriffigkeit oder Grenzverletzung zu sprechen, verharmlose Tatbestände.

Thomas Schnitzler, Sprecher der Opferinitiative Missbit meint, dieser Fall zeige deutlich, wie unangemessen die kirchlichen Verfahren seien. Sowohl Opfer als auch Täter sowie "sekundäre Opfer", wie Gläubige und Pfarrhelfer, würden unmenschlich behandelt. Damit spielt er darauf an, dass Tobias D. und der nun bestrafte Priester die Vorgehensweise des Bistums Trier angeprangert hatten. Der Geistliche hatte vor Weihnachten durch eine Flugblattaktion, in der er die Aufarbeitung der Verantwortlichen des Bistums Trier scharf kritisierte, für Aufsehen gesorgt. Zudem hatte er vor rund zwei Wochen gegenüber unserer Zeitung einen der vier Fälle eingeräumt und erklärt, dass er bis zur Klärung keine Messen mehr halten wolle. Damit war er der Bistumsspitze einen Schritt voraus (der TV berichtete). Für eine Stellungnahme war der Priester am Sonntag leider nicht erreichbar.Extra


Im Januar dieses Jahres hatte das Bistum Trier bekanntgegeben, gegen 21 Priester wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen zu ermitteln. Insgesamt waren seit Bekanntwerden des Missbrauchsskandals im Jahr 2010 mehr als 60 Priester im Bistum Trier beschuldigt worden ein Großteil ist verstorben), 107 Missbrauchsofer hatten sich gemeldet. Zwei Priester wurden aus dem Klerikerstand entlassen, zwei Geistlichen war verboten worden, öffentlich Messen zu halten. (kat)

Aus dem Archiv:

Unter Missbrauchsverdacht: „Flugblatt“-Priester räumt Vorfall von 1984 ein (TV vom 31.1.2014)

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