"Die CDU verweigert sich seit Jahren"

Mainz · Ausgaben kürzen und trotzdem politische Akzente setzen: Diesen Spagat will die rheinland-pfälzische Landesregierung mit dem Doppelhaushalt 2014/2015 schaffen, den Finanzminister Carsten Kühl (SPD) Anfang Oktober im Landtag einbringt.

Mainz. Einschnitte für Beamte und Beratungsstellen, Millionenbeträge für den Flughafen Hahn und einen neuen Nationalpark: Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl verteidigt im Interview mit TV-Redakteur Frank Giarra diese Maßnahmen und erklärt, warum der Doppelhaushalt 2014/2015 aus seiner Sicht ein guter Haushalt ist.

Die Landesregierung plant mit dem Doppelhaushalt bis 2015 ein Sparpaket. Zugleich werden neue Schulden in Milliardenhöhe gemacht. Wie passt das zusammen?
Carsten Kühl: Bund und Länder haben 2009 mit der Schuldenbremse eine klare Aufgabe definiert. Für uns heißt das, bis 2020 die strukturelle Verschuldung - also jährlich mehr Ausgaben als Einnahmen - abzubauen. Diesen Weg müssen wir gleichmäßig gehen. Wenn wir uns den Doppelhaushalt angucken, sehen wir, dass wir bis 2015 das, was von uns gesetzlich verlangt wird, übererfüllt haben. Es ist ein guter Haushalt, weil er das, was Bund und Länder parteiübergreifend vereinbart haben, auf eine klare Schiene setzt.

Sind Sie sicher, auf dem richtigen Weg zu sein, um die Schuldenbremse einzuhalten?
Kühl: Selbstverständlich. Das, was noch vor uns liegt, ist nicht nur machbar, sondern es gibt dafür klare strategische Konzepte. Und für 2011 und 2012 liegen schon Ist-Ergebnisse vor. In beiden Jahren haben wir unsere Planung deutlich besser erfüllt.

Der CDU gehen die rot-grünen Maßnahmen nicht weit genug, der Steuerzahlerbund lobt sie.
Kühl: Die Reaktion der CDU überrascht mich nicht. Sie verweigert sich seit Jahren, konstruktiv mitzuarbeiten, sprich zu sagen: Wo will ich Ausgaben kürzen, wo Einnahmen erhöhen. Trotzdem ist sie der Meinung, dass wir zu wenig sparen. Das ist unlogisch. Dass der Steuerzahlerbund unsere Linie anerkennt, freut uns natürlich.

Wütende Proteste gibt es vor allem von den Beamten, die schon mit Gehaltsabstrichen leben müssen und künftig erst mit 67 Jahren in den Ruhestand gehen dürfen. Wie wollen Sie die Staatsdiener besänftigen?
Kühl: Die Einschnitte bei der Besoldung der Beamten sind eine starke Sparmaßnahme, aber sie sind unumgänglich. Dass wir prüfen, nicht ob, sondern wie wir eine Erhöhung der Lebensarbeitszeit der Beamten umsetzen, haben wir schon 2011 im Koalitionsvertrag fixiert. Ich finde schon, dass es zumutbar ist, wenn Beamte wie Angestellte zwei Jahre länger arbeiten. Mehr als 70 Prozent der Beamten, zum Beispiel Lehrer, Polizisten oder Feuerwehrleute, werden im Übrigen von Sonderregelungen erfasst, bei denen wir differenziert vorgehen, weil das besonders belastende Berufe sind.

Hat SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück nicht zusätzlich Öl ins Feuer gegossen, als er beim Fernsehduell mit Kanzlerin Angela Merkel davon sprach, die Höhe der Beamten-Pensionen müsse grundsätzlich überdacht werden?
Kühl: Ich habe Steinbrück so verstanden, dass er gesagt hat, wir müssen aufpassen, dass bei Rentnern und Beamten Entwicklungen nicht auseinanderlaufen. Daran ist nichts auszusetzen.

Das Land kämpft darum, den Flughafen Hahn in eine gesicherte Zukunft zu führen. Welche Risiken für den Steuerzahler lauern noch im Hunsrück?
Kühl: Mit der Übernahme der Flugsicherungskosten und einem gegebenenfalls notwendigen Zuschuss für 2015 haben wir im Haushalt vorgesorgt. Für die beabsichtigte Privatisierung des Flughafens haben wir mit einer Verpflichtungsermächtigung für kommende Haushaltsjahre die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Wichtig ist, dass jetzt das Sanierungskonzept umgesetzt wird, damit der Hahn für potenzielle Investoren attraktiver wird.

Das Land kürzt Mittel bei der Schwangerenberatung und anderswo, während für einen neuen Nationalpark Millionen ausgegeben werden sollen. Warum?
Kühl: Der Nationalpark ist einer der politischen Schwerpunkte der Landesregierung. Ich glaube, den Nutzen, den ein Nationalpark für das ökologische System und den Tourismus haben wird, werden wir erst erkennen, wenn dieses Konzept umgesetzt wird. In Relation zum Gesamthaushalt bewegt sich dieses Projekt in vernünftigem Rahmen. Bei der Schwangerenberatung gehen wir auf das Maß zurück, das wir vor einigen Jahren vereinbart haben.

Bei Straßen und Schulen wird bereits ein Investitionsstau beklagt. Wie wollen Sie angesichts des kreisenden Rotstifts Abhilfe schaffen?
Kühl: Wir haben im Landesstraßenbauprogramm 82,5 Millionen Euro eingestellt, das ist ein immens hoher Betrag. Man sollte sich mal anschauen, wie hoch der in früheren Jahren war. Man kann es auch damit vergleichen, was in anderen Bundesländern für den Straßenbau ausgegeben wird. Hessen gibt in Relation zur Bevölkerungszahl weniger aus.

Was entgegnen sie den klammen Kommunen, die vom Land mehr Geld fordern und auf das Urteil des Verfassungsgerichts verweisen?
Kühl: Wir stellen den Kommunen in den nächsten drei Jahren im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs 490 Millionen Euro mehr zur Verfügung. In erster Linie werden diejenigen besser gestellt, die durch Sozialausgaben belastet sind, also Städte und Kreise. Damit haben wir die beiden zentralen Forderungen des Verfassungsgerichts erfüllt.

Die Kommunen sind trotzdem nicht zufrieden. Wird noch verhandelt? Wird es einen Nachschlag geben?
Kühl: Für einen Finanzminister ist es keine ungewöhnliche Erfahrung, dass diejenigen, mit denen er über Geld verhandelt, nicht ganz zufrieden sind und gerne mehr behalten oder bekommen würden. Häufig hat man bei solchen Verteilungsentscheidungen keinen objektiven Maßstab. Hier haben wir einen, durch das Verfassungsgericht vorgegeben, und den erfüllen wir. Bedauerlich ist, dass wir bei den Sozialausgaben der Kommunen nur eine Reparaturfunktion wahrnehmen können, weil wir die Gesetzgebung des Bundes außer mit unseren Stimmen im Bundesrat nicht beeinflussen können. fcg

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