Die wichtigsten Großbaustellen beim Thema Pflege

Trier · In Fachkreisen wird die Diskussion schon lange geführt, nun begreifen auch immer mehr Bürger, dass in Sachen Pflege eine Zeitbombe tickt. Wir präsentieren in den nächsten Tagen die wichtigsten Daten, Fakten und Meinungen.

Baustelle 1: Wer soll das alles bezahlen?

Von je her war Pflege eine Leistung innerhalb der Familie, die unentgeldlich erbracht wurde. Doch die klassische Großfamilie existiert nicht mehr. Bleibt ein Familienmitglied zu Hause und pflegt, "dann stehen die Angehörigen oft mit einem Bein im Armenhaus", sagt Ernst Schimmel vom VdK Rheinland-Pfalz. Kauft man die Leistung Pflege ein, wird es aber noch viel teurer. Zu teuer für Menschen mit geringem Einkommen und kleiner Rente. Davon gibt es künftig immer mehr.


Baustelle 2: Wie soll das funktionieren?

Viele Menschen wollen lieber in gewohnter Umgebung gepflegt werden als im Heim. Auch dann, wenn es keine Familie mehr vor Ort gibt. Aber neue Wohnformen mit Selbsthilfe und individueller Betreuung sind bislang exotisch - und oft nur für solvente Senioren. "Wir brauchen mehr Angebotsvielfalt", forderte der Experte Professor Frank Schultz-Nieswandt bei einer Tagung in Trier. Gleichzeitig fürchten die bestehenden Heime angesichts von Kostenzwängen und wachsender privater Konkurrenz um ihre Zukunft.

Baustelle 3: Wer soll den Job machen?

Noch vor wenigen Jahren galt der Begriff "Pflegenotstand" als blanke Panikmache. Inzwischen hat der Kampf um potenzielle Arbeitskräfte im Pflegebereich längst begonnen. Die Arbeit ist hoch anspruchsvoll und schlecht bezahlt, braucht also besonders motivierte Kräfte. Man wirbt verstärkt um Auszubildende in der Pflege, aber auch der rheinland-pfälzischen Sozialministerin Malu Dreyer schwant, "dass dem prognostizierten Engpass allein mit einer Steigerung der Ausbildungszahlen nicht beizukommen ist". In der Region fehlen derweil schon Hunderte Pfleger.

Baustelle 4: Wie lässt sich die Qualität sichern?

Es ist das Horrorbild, das mancher Journalist oder Buchautor zeichnet: wehr- und hilflose alte Menschen, abgestellt, abgefertigt von desinteressiertem Pflegepersonal. Sicher kein Alltag, aber sicher auch kein reines Hirngespinst. Zu viel Bürokratie und Dokumentationswut, zu wenig Zeit für Menschen: Das sagen selbst engagierte Pflegemitarbeiter. Wie viel Raum bleibt für Menschlichkeit, wenn kostengünstige Arbeitsabläufe das Maß der Dinge sind? "Ich muss jeden Tag mit mir kämpfen", sagt eine Pflegerin aus Trier, die anonym bleiben will.

Extra Immer mehr Menschen in Deutschland pflegen unter großen persönlichen Opfern ihre Eltern oder Partner. Schon heute gibt es laut einer neuen Studie zehn Millionen Menschen mit einem Pflegefall in der Familie. Das geht aus einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor. 15 Prozent der Bundesbürger geben darin an, pflegebedürftige Angehörige zu haben. 25 Prozent rechnen damit in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Die Zahl der Menschen mit Leistungen aus der Pflegeversicherung steige in den kommenden Jahren von heute 2,46 auf 3,4 Millionen. Pflege findet vor allem in der Familie statt. 62 Prozent der Deutschen, die pflegebedürftige Angehörige haben, kümmern sich selbst um die Betreuung. dpa

ExtraRegistrierte Pflegebedürftige in der Region, Stand im Jahr 2011: 14.398.
Davon in ausschließlich stationärer Pflege: 4050.
Empfänger von Pflegegeld, weil die Angehörigen die Pflege übernehmen: 6987.
Die meisten Pflegebedürftigen je tausend Einwohner: Vulkaneifelkreis (39).
Die wenigsten Pflegebedürftigen je tausend Einwohner: Trier-Stadt (22), weil viel weniger Pflegegeldempfänger.
Ambulante Pflegedienste in der Region (Stand Ende 2009, noch keine aktuelleren Zahlen vorhanden): 61. Stationäre Pflegeheime in der Region (2009): 61.
Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen in Rheinland-Pfalz: 39.400, davon 34.600 Frauen.
Immer mehr Menschen in Deutschland pflegen unter großen persönlichen Opfern ihre Eltern oder Partner. Schon heute gibt es laut einer neuen Studie zehn Millionen Menschen mit einem Pflegefall in der Familie. Das geht aus einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach hervor. 15 Prozent der Bundesbürger geben darin an, pflegebedürftige Angehörige zu haben. 25 Prozent rechnen damit in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Die Zahl der Menschen mit Leistungen aus der Pflegeversicherung steige in den kommenden Jahren von heute 2,46 auf 3,4 Millionen. Pflege findet vor allem in der Familie statt. 62 Prozent der Deutschen, die pflegebedürftige Angehörige haben, kümmern sich selbst um die Betreuung. dpa

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