Für den Chefaufklärer wird es langsam ernst

Trier · Der kirchliche Missbrauchsbeauftragte Stephan Ackermann will ungeachtet der Kritik weiter im Amt bleiben. Das sagte der 49-Jährige gestern in Trier. Klar ist aber auch: Die nächsten Monate werden für den obersten katholischen Aufklärer zur Nagelprobe.

 Der Missbrauchsbeauftragte Stephan Ackermann (rechts) und der Verantwortliche für die Hotline, Andreas Zimmer. TV-Foto: Friedemann Vetter

Der Missbrauchsbeauftragte Stephan Ackermann (rechts) und der Verantwortliche für die Hotline, Andreas Zimmer. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Die Pressekonferenz des kirchlichen Missbrauchsbeauftragten und seines Verantwortlichen für die Ende Dezember abgeschaltete Telefon-Hotline dauert schon knapp eine Stunde, als es im voll besetzten Konferenzsaal des Generalvikariats noch einmal interessant wird. "Wie lange man das noch machen kann, weiß ich nicht", sagt der ansonsten so gefasste Trierer Bischof, "das ist nicht vergnüglich." Hat der vor drei Jahren - auf dem Höhepunkt der Krise - von seinen Mitbrüdern zum Missbrauchsbeauftragten ernannte Stephan Ackermann etwa inzwischen die Nase voll von seinem unbefristeten Sonderauftrag? "Ich habe mir die Aufgabe nicht gesucht", sagt der 49-Jährige, um allerdings gleich hinzuzufügen, dass er Anwalt der Betroffenen bleiben wolle.
Die Äußerungen des Trierer Bischofs machen deutlich, wie sehr ihm das heikle Thema inzwischen zu schaffen macht. Galt Ackermann in den ersten Monaten nach seiner Ernennung zum Missbrauchsbeauftragten schon fast als Idealbesetzung für den Posten, als Hoffnungsträger, der der katholischen Kirche verloren gegangenes Vertrauen zurückerobern kann, wurde zuletzt immer häufiger auch Kritik an ihm laut.
Etwa als im vorigen Frühjahr bekannt wurde, dass der Trierer Bischof mehrere pädophile Priester weiter beschäftigt - wenn auch unter Auflagen. Nun hagelte es Kritik, weil die Bischöfe die von ihnen in Auftrag gegebene Studie zur wissenschaftlichen Erforschung des Missbrauchs durch katholische Priester vorzeitig kündigten. Zwar nahm der Hannoveraner Institutsleiter Professor Christian Pfeiffer den kirchlichen Missbrauchsbeauftragten ausdrücklich in Schutz - Ackermann habe alles versucht, das Projekt zu retten.
Doch in der Öffentlichkeit stehen die Bischöfe und damit besonders ihr Chef-Aufklärer seitdem als Bremser da, auch wenn Ackermann betont: "Ich versichere Ihnen, dass wir uns weiterhin mit gleichbleibender Intensität und Konsequenz um eine gründliche und transparente Aufklärung bemühen werden."
Die Bevölkerung hat wahrgenommen, dass die Pfeiffer-Studie gestorben ist und die Telefon-Hotline Ende 2012 eingestellt wurde, auch wenn das schon lange geplant war. Durch das zufällige zeitliche Zusammentreffen sieht es nun so aus, als erlahme der kirchliche Aufklärungswille. Zu zeigen, dass dem nicht so ist, ist der Job des kirchlichen Missbrauchsbeauftragten.
Aber Stephan Ackermann muss nicht nur möglichst schnell einen Nachfolger für den bei den Bischöfen in Ungnade gefallenen Christian Pfeiffer präsentieren. Er muss auch seine 26 Bischofskollegen davon überzeugen, dass sie sich an der wissenschaftlichen Aufarbeitung beteiligen und ihre Archive für die Forscher öffnen. Allein das zu erreichen, dürfte schon alles andere als einfach sein.Extra

Die beim Bistum Trier angesiedelte zentrale Opfer-Hotline war 33 Monate lang geschaltet, 8500 Gespräche wurden geführt. Zwei Drittel der Anrufer waren selbst von sexueller Gewalt betroffen. Die meisten Opfer waren Männer. Nach Angaben des Präventionsbeauftragten Andreas Zimmer sind die Taten insofern vergleichbar, als dass alle Beschuldigten ihre Machtbefugnisse planvoll ausgenutzt hätten, um Minderjährige zu missbrauchen. Die von Experten betreute Hotline wurde eingestellt, weil es nach Angaben der Verantwortlichen kaum noch Anfragen gab. sey

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