Gemeindebund: Aufnahme von Flüchtlingen stellt Städte und Kreise im Land vor große Herausforderungen

Mainz/Prüm · Bis zu 15.000 Flüchtlinge werden in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz erwartet. Es mangelt an Unterkünften, und in kommunalen Verwaltungen wird mehr Personal nötig, wie der Vorsitzende des Städte- und Gemeindebundes, Aloysius Söhngen, sagt.

Steil sind die Flüchtlingszahlen in Rheinland-Pfalz in den vergangenen Monaten angestiegen, ein Ende ist nicht absehbar. Das stellt Städte und Kreise im Land vor große Herausforderungen, wie der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Städte- und Gemeindebundes, Aloysius Söhngen (CDU), in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Er spricht sich etwa für eine Basis-Sprachförderung schon in den Erstaufnahme-Einrichtungen des Landes aus. Eine mangelnde Aufnahmebereitschaft sieht Söhngen indes nicht.

Wie sehr belasten die steigenden Zahlen die Kommunen?
Aloysius Söhngen: Auf die Kommunen ist eine riesige Welle zugerollt, die Zahlen sind in kurzer Zeit sehr stark gestiegen. Das führt zu mehr Personalbedarf in der Verwaltung - und es kostet mehr.

Wie sehr trifft das die ohnehin maroden Kommunalfinanzen?
Aloysius Söhngen: Die Kommunen in Rheinland-Pfalz sind schon unterfinanziert, die Liquiditätskredite besonders hoch. Jetzt kommen neue Aufgaben dazu, die für kleine Verwaltungen durchaus sehr schwer sind. Das wird die Defizite vergrößern. In der Verbandsgemeinde Prüm müssen wir zum Beispiel eine neue Stelle schaffen. Den Aufwand bekommen sie nirgendwo erstattet. Personalaufwendungen sind von Verbandsgemeinden zu erbringen. Das ist nicht abgebildet in den Pauschalen, die das Land zahlt pro Asylbewerber.

Vor welchen praktischen Probleme stehen die Kommunen im Land?
Aloysius Söhngen: Es geht einmal um die Beschaffung von Wohnraum. Das stellt sich in verschiedenen Landesteilen unterschiedlich dar: Im Großraum Mainz und den anderen Verdichtungsräumen herrscht Wohnungsknappheit, in ländlichen Regionen ist das nicht das Problem. Dort findet man im allgemeinen Wohnraum. Aber dort haben sie ein anderes Problem: Sie haben keine Anbindung an Infrastruktur. Die Flüchtlinge besitzen kein Auto, es gibt kaum öffentlichen Nahverkehr.

Wie könnten die Kommunalverwaltungen entlastet werden?
Aloysius Söhngen: Helfen wird der Ausbau der Erstaufnahme-Einrichtungen, wie ihn das Land plant. Gut wäre auch, wenn dort erste wichtige Arbeiten erbracht werden könnten, die Kommunen nachher das Leben erleichtern. Es könnte eine Basis-Sprachförderung geben und man könnte Profile von Flüchtlingen erstellen. Was sind das für Menschen, gibt es Arbeitsplätze für sie in der Region und gibt es dort auch andere Menschen aus ihrem Kulturkreis? All so etwas könnte man aufarbeiten, wenn die Menschen länger in der Erstaufnahme-Einrichtung wären.

Und wie lässt sich der Alltag der Flüchtlinge noch verbessern?
Aloysius Söhngen: Die Leute müssen Aufgaben bekommen, das ist ungeheuer wichtig. Sie kommen doch nicht und wollen nur auf Geld warten. Ich halte es für vernünftig, sie in Bürgerarbeit zu integrieren. Dann lernen sie auch die Rhythmen kennen, in denen hier gearbeitet wird. Das dient der Integration und der dauerhaften Akzeptanz neuer Mitbürger. Es gibt viele Aufgaben, die nur schwer in den Kommunen erfüllt werden können: Stadtreinigung, Parks saubermachen oder Hausmeistertätigkeiten.

Wie steht es um die Aufnahmebereitschaft hierzulande?
Aloysius Söhngen: Da sehe ich keine Probleme. Viele haben verinnerlicht, dass wir wegen des demografischen Wandels Zuwanderung brauchen. Man muss sich aber daran gewöhnen, dass Menschen aus einem anderen Kulturkreis andere Lebensgewohnheiten haben. Die Menschen, die kommen, brauchen Zeit, um sich an das Umfeld zu gewöhnen. Das deutsche Mülltrenngebot ist in der Vergangenheit nicht überall verinnerlicht worden.
Zur Person


Aloysius Söhngen ist seit 1991 Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm. Seit November steht der in Limbach im Westerwald geborene 58-Jährige zudem wieder an der Spitze des Städte- und Gemeindebundes Rheinland-Pfalz, von 2010 bis 2012 war er das schon einmal. Vor seiner Zeit als Bürgermeister arbeitete der studierte Volkswirt unter anderem bei der Bezirksregierung Koblenz, der Kreisverwaltung Altenkirchen sowie im Umweltministerium in Mainz.

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