Gutachten: Moselaufstieg bringt mehr als die Bahn

Trier/Mainz · Was hilft besser gegen das Verkehrschaos in Trier? Der nun geplante Ausbau des Schienen-Nahverkehrs? Oder die vom Land nicht gewollten Umgehungsstraßen für Trier? Die Antwort eines neuen Landesgutachtens ist eindeutig: Wenn die Straßen gebaut würden, wäre die Entlastung zehn Mal so groß. Entschieden hat die Landesregierung sich allerdings für die andere Variante.

Zahlen können eine so klare Sprache sprechen. So deutlich, dass man sie womöglich lieber nicht nennt, wenn sie eine schwierige Situation noch schwieriger machen könnten. Und der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) war am Mittwochabend bei einem Diskussionsforum zur Verkehrssituation in der Region Trier zweifellos in einer schwierigen Situation. Umgeben von Hunderten Menschen, die ihm und dem Rest der rot-grünen Landesregierung vorwarfen, die Region mit Vollgas in die Sackgasse zu steuern. Zwar hatte er die Zusage für einen 19 Millionen Euro teuren Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs mitgebracht. Doch will die Landesregierung weder den Moselaufstieg (Westumfahrung Triers, A.64 neu) noch die Meulenwaldautobahn (Nordumfahrung, B.52 neu) als Projekt im Bundesverkehrswegeplan anmelden.

Bahn löst das Problem nicht

Vielleicht hatte Lewentz gehofft, dass die vom Land beauftragte "multimodale Potenzialstudie für den Raum Trier-Luxemburg" ihm die nötigen Argumente liefern würde, um die jahrzehntealten Forderungen nach den Umgehungsstraßen verstummen zu lassen. Doch daraus wurde nichts. Kommt die Studie doch zu folgendem Schluss: "Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass auch ein ambitionierter Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in der Region Trier/Luxemburg alleine nicht in der Lage sein wird, den KFZ-Verkehr spürbar zu reduzieren." Zahlen, die das deutlich belegen, stellte der beauftragte Wissenschaftler dem Trierer Publikum nicht vor. Womöglich aus Rücksicht für seinen Auftraggeber. Folgende Szenarien hat Dr. Stephan Krug von der Ingenieurgruppe IVV Aachen untersucht:

* Alles bleibt beim Alten: Wenn sich an der Infrastruktur nichts ändert, rechnet der Wissenschaftler wegen der positiven Entwicklung der Region mit einer stärkeren Belastung des gesamten Verkehrsnetzes. Die Zahl der Autofahrten nehme bis 2025 um fünf Prozent zu. Und da diese meist recht lang sind, soll die Verkehrsbelastung um acht Prozent steigen.

* Das Geplante wird umgesetzt: In der Region Trier sind diverse große Straßenbau-Projekte geplant, darunter der A.1-Lückenschluss, der Hochmoselübergang, die Ortsumgehung Konz-Könen sowie der Ausbau von B.51 und B.52. Krug rechnet damit, dass die Umsetzung dieser Vorhaben zu einer deutlichen Konzentration des Verkehrs auf die A.64 und B.52 führen wird und zu einer erkennbaren Entlastung der moselparallelen Straßen Triers.

* Das neue Nahverkehrskonzept wird Realität: Die Landesregierung plant, 19 Millionen Euro in den Ausbau des Eisenbahnverkehrs zu investieren. Insbesondere, um das Angebot für Luxemburgpendler zu verbessern, sollen auf der sogenannten Weststrecke zwischen der Trierer Hafenstraße (Trier-Pfalzel) und Konz-Karthaus fünf neue Haltepunkte entstehen. Das Konzept sieht zwei neue, stündlich verkehrende Regionalbahnlinien vor. Die eine verbindet Wittlich mit Luxemburg, die andere Trier-Pfalzel mit Konz. Und zwar so, dass auf der Weststrecke etwa jede halbe Stunde ein Zug hält. Die neue Linie soll in Luxemburg den dort ebenfalls neu geplanten Haltepunkt "Rote Brücke" anfahren, von dem aus man in wenigen Minuten die Arbeitsplätze auf dem Kirchberg erreichen kann. Auch der Busverkehr soll an den neuen Bahntakt angeglichen werden.
Krug geht davon aus, dass sich der Autoverkehr in und um Trier dadurch um 10.000 Fahrten täglich verringern lässt: An der Konrad-Adenauer-Brücke rechnet er zum Beispiel täglich mit 800 Fahrten weniger, in der Luxemburger Straße mit 700 weniger. Zudem würden statt bisher zwölf künftig 15 Prozent der Verkehrsteilnehmer den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Auch könne "ein ambitionierter Ausbau" die Nachfrage um 20 Prozent steigern. Zu einer spürbaren Reduzierung des Verkehrs in Trier werde all dies jedoch nicht führen.

* Die Umgehungsstraßen kommen doch: Würden Moselaufstieg (Westumfahrung Triers, A.64 neu) und Meulenwaldautobahn (Nordumfahrung, B.52 neu) gebaut, hätte dies der aktuellen Untersuchung zufolge wesentlich größere Auswirkungen für den Verkehr in Trier als ein neues Nahverkehrskonzept.
Krug zufolge würden den Moselaufstieg täglich 22.000 Fahrzeuge nutzen, die Meulenwaldautobahn 15.000. Zahlen aus der Studie, die am Mittwochabend nicht genannt wurden, veranschaulichen, dass der Entlastungs-Effekt für Trier zehn Mal größer wäre, als jener des neuen Nahverkehrskonzepts: An der Konrad-Adenauer-Brücke rechnet Krug nämlich mit 8000 Fahrten weniger (statt 800). Das Gleiche gilt für die Luxemburger Straße.
Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass das Land die Umgehungsstraßen bis zum Stichtag am 13. September doch noch in die Liste der gewünschten Verkehrsprojekte aufnimmt. Schließlich gehört der Verzicht darauf zum Kompromiss, auf den SPD und Grüne sich geeinigt haben: A.1 und Hochmoselübergang ja, Moselaufstieg und Meulenwaldautobahn nein.

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