Hering im Interview: „Am Nürburgring ist Geld zu verdienen“

Mainz · SPD-Fraktionschef Hendrik Hering ist davon überzeugt, dass sein im Mai 2010 vorgestelltes Zukunftskonzept für den Nürburgring weiterhin trägt. Vorwürfe der Betreiber ans Land und deren Forderungen weist er zurück.

In der SPD-Landtagsfraktion ist das unliebsame Thema Nürburgring am Mittwoch ausgiebig diskutiert worden. Dem Vernehmen nach vertraut die Fraktion auf das Krisenmanagement der Regierung. Fraktionschef Hering sieht im TV-Interview keinen Anlass, dem Druck der Betreiber nachzugeben, die ihre Pachtzahlungen reduzieren wollen. Mit Hering sprach TV-Redakteur Frank Giarra.

Herr Hering, war die Lage am Nürburgring Anfang 2010 so schlecht, dass Sie mit getürkten Zahlen operieren mussten?

Hendrik Hering: Auf keinen Fall! Unsere Datenbasis war eine umfassende Begutachtung durch die renommierten Wirtschaftsprüfer Ernst & Young.

Der private Betreiber Jörg Lindner behauptet aber, Sie hätten falsche Zahlen vorgelegt, und CDU-Fraktionsvize Alexander Licht bezichtigt Sie der Lüge.

Hering: Diese Vorwürfe weise ich aufs Schärfste zurück. In der Präambel des Vertrags mit den Betreibern ist explizit festgelegt, dass keine umfangreichen betriebswirtschaftlichen Zusatzprüfungen erfolgen sollten. Um ihrer Unsicherheit zu begegnen, wurde eine Übergangszeit mit einer geringeren Pacht vereinbart.

Wie erklären Sie sich dann, dass die Betreiber die Pachtzahlungen drastisch reduzieren wollen?

Hering: Die Betreiber wollen vermutlich bessere Konditionen erzielen. Das ist im Geschäftsleben legitim. Wir lassen uns aber nicht unter Druck setzen. Verträge müssen eingehalten werden.

Steckt hinter der Forderung der Betreiber nicht deren Erkenntnis, dass die Anlagen am Nürburgring unrentabel sind?

Hering: Ein Pachtvertrag über mittelfristig 15 Millionen Euro im Jahr ist nicht aus der Luft gegriffen. Am Nürburgring ist Geld zu verdienen. Es kommt im Geschäftsleben häufiger vor, dass man austestet, ob man Konditionen verbessern kann.

Die Betreiber drohen mit Entlassungen und Stilllegung. Könnten sie das einfach realisieren?

Hering: Die Firma ist für den Betrieb verantwortlich. Ich habe Verständnis für betriebswirtschaftliche Maßnahmen, zumal im Winter. Wenn sie etwas fordern, müssen sie ihre Zahlen transparent machen und begründen, welche Schritte aus betriebswirtschaftlicher Sicht nötig sind.

Wirtschaftsministerin Lemke und Innenminister Lewentz sagen, notfalls werde man neu ausschreiben. Wer sollte den Betrieb angesichts des Negativimages, unter dem der Nürburgring seit Jahren leidet, übernehmen wollen?

Hering: Durch die Neuordnung 2009/2010 ist vieles einfacher geworden. Wir können gestalten und entscheiden, weil wir Eigentümer der Anlagen sind und nicht mehr von einem formellen Eigentümer Kai Richter abhängig sind. Es gibt klare Strukturen und belastbare Zahlen für potenzielle Interessenten.

Die Betreiber sagen, Teile der Anlagen seien unrentabel. Wäre es nicht ehrlicher, diese abzureißen und das Scheitern einzugestehen?

Hering: Mit klugen Konzepten kann man die Anlagen wirtschaftlich nutzen. Etwa, indem man die Verkaufsangebote für den Motorsport geschickt bündelt. Wir erwarten von Geschäftsleuten, dass sie kreativ sind.

Der Nürburgring ist seit Jahren eine Dauerbaustelle. Wie will die Landesregierung sie schließen?

Hering: Das bleibt eine große Herausforderung. Wir sind aber schon etliche Schritte weiter seit dem Tiefpunkt 2009. Ich bin mir sicher, dass der Ring bei der Wahl 2016 nicht mehr das beherrschende Thema sein wird.

Extra: Datenpanne

Der rheinland-pfälzischen Landesregierung ist eine Datenpanne unterlaufen: Es seien Dokumente zum Nürburgring auf die Internetseite des Umweltministeriums geraten, die dort nichts zu suchen hätten, sagte eine Sprecherin des Ministeriums am Mittwoch in Mainz und bestätigte damit einen Bericht der Zeitung Die Rheinpfalz. Es handele sich um Angaben zu Landeszahlungen rund um die Rennstrecke in der Eifel - so zum Beispiel über knapp 15,5 Millionen Euro, die im Juni 2009 für die Formel 1 bezahlt wurden. Außerdem sei auch einsehbar gewesen, welche Gelder für Gutachten und Berater geflossen seien.

Die Nürburgring GmbH gehört zu 90 Prozent dem Land. Derzeit werde geprüft, wie der Fehler passieren konnte und wie lange die Angaben einzusehen waren. Die Seite ist inzwischen gelöscht. dpa

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