Kein Motiv für Bluttat? - Prozess: Angeklagter seit Jahren süchtig

Trier · Mit dem psychologischen Gutachten ist am Donnerstag der Mordprozess gegen einen 34-jährigen Saarländer vor dem Trierer Landgericht fortgesetzt worden. Er soll seine Freundin in Kinderbeuern (Bernkastel-Wittlich) getötet haben.

Trier. Seinen Geburtstag hat sich der gebürtige Saarländer sicherlich anders vorgestellt. Jedenfalls nicht so, dass er an dem Tag, an dem er 34 wird, in Handschellen in einen Saal des Trierer Landgerichts geführt wird. Seit Juli wird dort über den arbeitslosen Koch verhandelt. Wegen Mordes. Dass er am Abend des 17. Januar seine sechs Jahre ältere Freundin, eine Altenpflegerin, in der gemeinsamen Wohnung in Kinderbeuern getötet hat, das hat er bereits zu Beginn des Prozess zugegeben. Ob er sie aber ermordet hat, die Frau also geplant und heimtückisch, möglicherweise aus Habgier, weil er an ihr Geld wollte, getötet habe, bleibt auch nach dem gestrigen Prozesstag weiter unklar. Es könnte auch Totschlag gewesen sein, weil eben die Mordmerkmale nicht nachgewiesen werden können und er seine Freundin nach dem Konsum von berauschenden Kräutermischungen (Legal Highs) getötet hat.
Auch der psychologische Gutachter kann auf diese Frage keine "befriedigende" Antwort geben, wie er selbst sagt. Fast eineinhalb Stunden lang versucht Michael Rösler, Leiter des Instituts für Gerichtliche Psychologie und Psychiatrie an der Uniklinik Homburg, darzulegen, ob die Kräutermischungen, die der Saarländer seit vergangenem Jahr konsumiert, mitschuld sein könnten an der Tötung der Altenpflegerin. Ergebnis: Ausgeschlossen ist es nicht, aber einen Beweis dafür gibt es nicht.
Seit er 13 ist, nimmt der aus dem saarländischen Weiskirchen stammende Mann Drogen. Überwiegend Cannabis. "Er konnte die Finger nicht von Drogen lassen", sagt der Gutachter. Vor zwei Jahren soll der Mann, der bereits zwölf Mal vorbestraft ist - unter anderem wegen Diebstahls, Körperverletzung und Unterschlagung - dann auf die überwiegend im Internet angebotenen Kräutermischungen umgestiegen sein. Es handelt sich dabei um Mischungen, die mit künstlich hergestellten, cannabisähnlichen Stoffen versetzt sind. Kurz bevor er zum ersten Mal zu Legal Highs griff, hatte er versucht, sich umzubringen. Geraucht hätten die sogenannten Legal Highs eine mit Cannabis vergleichbare Wirkung, sagt Rösler. Es gebe nur wenige Erkenntnisse darüber, ob der Konsum von Legal Highs aggressiv mache oder Gewalttaten provoziere.
Tod durch Würgen und Drosseln


Der Angeklagte hat gegenüber dem Gutachter ausgesagt, dass er am besagten Januar-Abend "wie immer" Kräutermischungen, die er selbst zusammengestellt hat, geraucht habe. An die Tat habe er sich bei der Untersuchung durch den Gutachter aber nicht mehr erinnern können. Er sei erst wieder zu sich gekommen, als er auf seiner fast nackten ans Bett gefesselten und eine Schlafmaske tragende Freundin gesessen habe und deren Lippen bereits blau angelaufen gewesen seien. Der Gutachter schließt zumindest eine Schuldunfähigkeit für diese Zeit nicht aus. Allerdings habe er kurz nach der Tat mit der EC-Karte der Getöteten Geld von deren Konto abgehoben, was möglicherweise gegen eine Schuldunfähigkeit spricht. Nach der Tat hat er die Schlafzimmertür mit Silikon abgedichtet und vier Tage, bis Freunde der Frau die Leiche entdeckt haben, sich in der Wohnung aufgehalten.
Ursache für den Tod der 27-Jährigen waren Würgen und Erdrosselung, sagt eine Gerichtsmedizinerin. Stiche mit einem Steakmesser in den Hals, mit denen er angeblich sichergehen wollte, dass die Freundin tot sei, seien nicht tödlich gewesen. Möglicherweise, so der psychologische Gutachter, gebe es kein Motiv für die Tat.
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Das Urteil soll einen Tag später verkündet werden.

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