Klartext reden, ohne im Knast zu landen

Berlin · So finster ist es im dunklen Netz gar nicht, sagt Linus Neumann. Der Computerexperte lobt das anonyme Surfen im Internet. Dieses helfe der Demokratie - und erschwere repressiven Staaten eine ungerechte Strafverfolgung.

Berlin. Das Handy von Linus Neumann klingelt in diesen Tagen pausenlos. Er muss Fragen beantworten. Fragen, die sich um die Bedrohungen durch das dunkle Netz drehen. Wobei Neumann bei dem Wort "Bedrohung" leise lacht. "Leider wird das Thema extrem hochgekocht", sagt der Vorsitzende des Vereins Chaos Computer Club (CCC), in dem sich deutschlandweit Hacker zusammengeschlossen haben.
Das anonyme Surfen habe einen wichtigen Ursprung. Systemkritiker in Ländern wie China, Iran oder Syrien könnten nur so ihre Meinung verbreiten, ohne verhaftet zu werden - genauso wie viele Journalisten. "China verfügt zum Beispiel über einen gigantischen Zensur- und Überwachungsapparat. Um diesen zu umgehen, muss man in Kauf nehmen, dass niemand anderes den Zugang zum Darknet vollständig unterbinden kann", meint Neumann. Für viele Menschen in diesen Ländern sei das dunkle Netz eine Chance, im Verborgenen systemkritisch Blogs zu veröffentlichen - und nicht entdeckt zu werden. Die Schattenseiten des dunklen Netzes stören auch Neumann. Er sagt aber auch: "Wir können es der Technologie nicht beibringen, dass sie sagt: ,Blog ja, Drogen nein'."
Bei der Frage, ob es Waffenkäufe - wie im Fall des Münchner Amokläufers - gehäuft im dunklen Netz gebe, widerspricht Neumann. Wer verbotene Waffen oder Drogen kaufe, der wolle auch anonym bleiben, um einer Strafverfolgung zu entgehen, sagt er. Im dunklen Netz könne es Kriminellen aber passieren, dass sie mit Fahndern der Polizei chatteten, ohne es zu wissen - und am Ende auffliegen würden.
Neumann: "Viele wissen das. Der illegale Handel findet daher außerhalb des Darknet viel mehr Verbreitung." flor

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