Missbrauch, Schläge, Verwahrlosung: Jugendämter im Dauereinsatz

Trier · Immer öfter alarmieren Menschen das Jugendamt, weil sie fürchten, dass ein Kind in Gefahr ist. Die Zahl der Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung ist 2014 landesweit um 900 gestiegen. Mehr als ein Drittel der Kinder brauchte tatsächlich Hilfe.

 Ein Aufkleber mit der Aufschrift "Alles wird gut" und ein Handabdruck eines Kindes sind am Freitag (27.04.2007) in Berlin an der Wohnungstür in einem Mietshaus im Stadtbezirk Prenzlauer Berg zu sehen. In der Wohnung soll eine Mutter ihre vier Kinder fast ein ganzes Jahr unversorgt zurückgelassen haben. Der zwölfjährige Sohn habe sich nach Angaben der Polzei verzweifelt an das Jugendamt gewandt und um Hilfe gebeten, teilte die Polizei mit. Foto: Peer Grimm dpa/lbn (zu dpa 0330) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Ein Aufkleber mit der Aufschrift "Alles wird gut" und ein Handabdruck eines Kindes sind am Freitag (27.04.2007) in Berlin an der Wohnungstür in einem Mietshaus im Stadtbezirk Prenzlauer Berg zu sehen. In der Wohnung soll eine Mutter ihre vier Kinder fast ein ganzes Jahr unversorgt zurückgelassen haben. Der zwölfjährige Sohn habe sich nach Angaben der Polzei verzweifelt an das Jugendamt gewandt und um Hilfe gebeten, teilte die Polizei mit. Foto: Peer Grimm dpa/lbn (zu dpa 0330) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: Peer Grimm (dpa)

Aus der Nachbarwohnung dringt Geschrei herüber. Dann brüllt ein Kind wie am Spieß. Schmerzerfüllt. Panisch. Der Zeuge hört nicht weg, sondern greift zum Hörer und ruft Hilfe. Die Jugendämter des Landes Rheinland-Pfalz sind 2014 deutlich öfter von besorgten Nachbarn oder Verwandten darüber informiert worden, dass Kinder womöglich in Gefahr schweben.

6433 Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung wurden infolgedessen eingeleitet. 900 mehr als im Vorjahr. Bei 37 Prozent davon stellte sich heraus, dass die Anrufer leider richtig lagen: In 2365 Fällen benötigten die Kinder tatsächlich Hilfe. Fast tausend von ihnen waren akut gefährdet. Mal, weil sie psychisch oder körperlich misshandelt oder sexuell missbraucht wurden. Meist jedoch, weil ihre Eltern außerstande waren, sich richtig um die Kinder zu kümmern, und diese vernachlässigten. Besonders gefährdet ist die Gruppe der unter Fünfjährigen.

Auch die meisten Jugendämter der Region hatten mehr zu tun als im Vorjahr. Einzige Ausnahme ist die Stadt Trier. Dort ist die Zahl der Verfahren (144) leicht gesunken. Die meisten Verdachtsfälle, nämlich 393, gab es 2014 erstaunlicherweise im dünn besiedelten Vulkaneifelkreis. Ein Phänomen, das sich erst beim Blick ins Zeitungsarchiv erklärt: Mehrere aufsehenerregende Fälle dürften bewirkt haben, dass die Menschen dort besonders wachsam sind. Schockiert hat 2014 viele Eifeler die Selbstanzeige eines beliebten Polizisten. Der Mann, der 25 Jahre lang für die Verkehrserziehung von Kindern zuständig war, hatte zugegeben, sich an einem Mädchen vergangen zu haben.

Auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm (351) sowie in den Kreisen Bernkastel-Wittlich (120) und Trier-Saarburg (254) ist die Zahl der Verdachtsfälle 2014 gestiegen. Laut Michael Billen (CDU), der seit mehr als 20 Jahren den Jugendhilfeausschuss des Eifelkreises leitet, liegt die Ursache für die Gefährdung meistens darin, dass die Eltern überfordert sind. "Und zwar nicht nur soziale Problemfälle", sagt Billen. Entgegen aller Vorurteile gebe es das Problem in allen gesellschaftlichen Gruppen.

Überforderte Eltern und wachsame Nachbarn

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