Politikwissenschaftler Thorsten Faas sagt, welche Partei sich noch Hoffnungen machen kann und welche nicht

Trier · Noch gut vier Wochen sind’s bis zur Landtagswahl. Und zumindest in den Umfragen bleibt für die Sozialdemokraten der Aufwind aus. „Die Zeit zum Aufholen wird knapp“, sagt der Mainzer Politikwissenschaftler Thorsten Faas im Gespräch mit Volksfreund-Redakteur Rolf Seydewitz.

Eine große Koalition wird nach den zuletzt veröffentlichten Umfragen immer wahrscheinlicher: Inwiefern halten Sie dieses Szenario für realistisch?
Faas: Beides ist richtig: Eine große Koalition liegt immer im Bereich des Möglichen, ist also "realistisch". Vor dem Hintergrund der aktuellen Zahlen - vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen Stärke der AfD - wird die Koalitionsbildung massiv erschwert, so dass am Ende einzig eine große Koalition als Möglichkeit übrig bleiben könnte.

Die SPD stagniert, die Sympathiewerte der Ministerpräsidentin sinken deutlich: Was sind die Gründe dafür?
Faas: Tatsächlich bewegen sich die Werte für die SPD schon seit längerer Zeit praktisch nicht, sie stagniert - jetzt auch mit näher rückendem Wahltag - im Bereich knapp über 30 Prozent. Zwar können Regierungsparteien auf der Zielgeraden häufig noch ein wenig aufholen, aber die Zeit wird knapp.

…auch für die Ministerpräsidentin?
Faas: Was die Werte der Ministerpräsidentin betrifft, so schmerzt der Rückgang in der jetzigen Zeit natürlich. Allerdings muss man einschränkend sagen, dass ihre Werte beim letzten Politrend mit zehn Punkten überaus deutlich angestiegen waren. Mit dem jetzigen (ebenfalls deutlichen) Rückgang kehrt sie also zu ihren früheren Werten zurück. Die Vermutung liegt nahe, dass die Diskussion rund um die AfD und die Elefantenrunde damit zu tun haben. Dagegen spricht allerdings, dass ihre Zufriedenheitswerte - im Gegensatz zur Direktwahlfrage - nicht zurückgegangen sind.

Was bedeutet es für die SPD, wenn ausgerechnet Spitzenkandidatin Dreyer, auf die der Wahlkampf zugeschnitten ist, so im Umfragesinkflug ist?
Faas: Natürlich soll die Ministerpräsidentin das Zugpferd der SPD sein - und alleine schon aus symbolischen Gründen tut ein deutlicher Rückgang in der Direktwahlfrage der SPD weh. Zugleich ist die Strategie der SPD an diesem Punkt "alternativlos" - so kurz vor dem Ziel wäre es politisch unklug, an der Strategie etwas zu ändern. Und nochmal: Der letzte Politrend war für SPD-Spitzenkandidatin Malu Dreyer auch extrem positiv.

Warum sind die Grünen offenbar im freien Fall?
Faas: Die Grünen haben es zunächst einmal schwer, überhaupt sichtbar zu werde in der aktuellen Debatte. Im Bund sind sie in der Opposition gegen eine größenmäßig übermäßige große Koalition, im Land spitzt sich die Diskussion auf die beiden großen Parteien zu. Was den Grünen also in Baden-Württemberg nützt (mit Winfried Kretschmann als Ministerpräsident, der viel Aufmerksamkeit auf sich zieht), schadet ihnen hier. Hinzu kommt, dass es den Grünen nicht gelingt, beim Thema Flüchtlinge eine grüne Sichtweise zu präsentieren und damit durchzudringen.

Die AfD legt weiter zu: Woran liegt es, und wo wird die Partei am 13. März voraussichtlich landen?
Faas: Hier gilt das genaue Gegenteil: Das aktuell dominante Thema spielt dieser Partei ganz klar in die Hände, die Zahlen steigen dabei sogar noch weiter. Die Partei wird im nächsten Landtag in Rheinland-Pfalz vertreten sein. Selbst die Debatte um den möglichen Einsatz von Schusswaffen an der Grenze gegen Flüchtlinge, die die Partei zumindest kurzfristig in die Defensive gebracht hat, scheint ihr nicht zu schaden.

Ihr Tipp für den 13. März:
Faas: Es wird ein langer Wahlabend werden. sey

Zur Person: Thorsten Faas ist Professor für Politikwissenschaft in Mainz. Der 40-jährige gebürtige Idar-Obersteiner gehört dem Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wahlforschung an.

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