Soviel kostet eine Zwangsübernachtung in der Ausnüchterungszelle

Trier · Wer eine Nacht in der Ausnüchterungszelle verbringt, soll dafür in Nordrhein-Westfalen künftig zur Kasse gebeten werden. In Rheinland-Pfalz hält die Polizei in solchen Fällen schon die Hand auf – und kassiert mitunter kräftig.

Einen Mann aus Wittlich kam vor fünf Jahren die wohl etwas zu heftige Vatertagssause mit Kumpels teuer zu stehen. Nachbarn des Mannes hatten mehrfach die Polizei gerufen, weil sie sich von der lautstarken Feier gestört fühlten. Nachdem der Wittlicher beim dritten Erscheinen der Polizei aggressiv wurde, nahmen die Beamten den Randalierer kurzerhand mit und steckten ihn - nach Rücksprache mit einem Richter - für eine Nacht in die Zelle. Kein schöner Vatertagsausklang. Einige Zeit später flatterte dem Ruhestörer zudem noch ein Gebührenbescheid ins Haus. Für die sogenannte Ingewahrsamnahme inklusive Reinigung der Zelle stellte das Trierer Polizeipräsidium dem Mann 100 Euro in Rechnung.

Frühstück kostet extra

Kein Einzelfall: Jedes Jahr verschickt das Trierer Präsidium um die 250 Gebührenbescheide wegen Ingewahrsamnahme und Aufenthalts in einer Zelle. Nach Informationen unserer Zeitung stieg die Zahl im vergangenen Jahr mit 276 Fällen auf einen neuen Höchststand. In 45 Fällen wurde den Betroffenen zudem die Reinigung der Zelle oder des Polizeifahrzeugs in Rechnung gestellt. Unterm Strich 28.000 Euro an Gebühren sollten so allein im Bereich des Polizeipräsidiums Trier eingenommen werden. Knapp die Hälfte, 13.321 Euro, wurde allerdings nur überwiesen. Häufig könnten die Gebühren nicht eingetrieben werden, weil viele Betroffene mittellos seien, sagt ein Sprecher des für die Polizei zuständigen Mainzer Innenministers Roger Lewentz. Ähnlich wie in Trier ist die Situation auch in den anderen rheinland-pfälzischen Regionen. Landesweit wurden 2014 wegen Ingewahrsamnahme, Aufenthalts in einer Zelle und Reinigung 143.000 Euro in Rechnung gestellt, doppelt so viel wie vier Jahre zuvor. Immerhin zwei Drittel der Gebühren - rund 100.000 Euro - wurden auch tatsächlich überwiesen. Wer nicht zahlt, muss damit rechnen, dass ein Gerichtsvollzieher versucht, das Geld einzutreiben. Was in Rheinland-Pfalz, Hessen oder Baden-Württemberg seit Jahren Praxis ist, soll nach dem Willen der CDU demnächst auch in Nordrhein-Westfalen gelten. "Wer sich nicht mit Anstand betrinken kann und deshalb Kosten für die Allgemeinheit verursacht, sollte zumindest im Wege einer Gebühr daran beteiligt werden", meint CDU-Fraktionschef Armin Laschet.

Rückendeckung bekommt Laschet vom Chef der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt: "Wir haben in anderen Bundesländern gesehen, dass eine solche Gebühr auch abschreckende Wirkung hat." In der Regel kommt laut Wendt auf die Betroffenen eine Gebühr von unter 100 Euro zu. Das sei sozial vertretbar, "am Tresen haben die meisten mehr Geld gelassen". In Hessen bietet die Polizei "Übernachtungsgästen" nach Angaben des Gewerkschaftsfunktionärs sogar noch ein Frühstück an: "Kostet aber extra."

Der fünf Jahre zurückliegende Fall des Wittlicher Vatertagsrandalierers landete übrigens vor dem Verwaltungsgericht, weil der Mann seinen Gebührenbescheid über 100 Euro nicht zahlen wollte. Er muss zahlen, urteilten die Trierer Richter. Wer rechtmäßig in polizeilichen Gewahrsam genommen werde, weil die Begehung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zu befürchten sei, müsse die mit der Ingewahrsamnahme verbundenen Kosten tragen. Auch die Höhe der Gebühr war nach Meinung der Trierer Verwaltungsrichter nicht zu beanstanden, weil sie sich "im unteren Bereich" bewege.

Extra Polizeigebühren
Was können der unfreiwillige Transport in einem Polizeifahrzeug oder die Nacht in der Ausnüchterungszelle kosten? In Rheinland-Pfalz ist das in einer Landesgebührenverordnung penibel genau geregelt.

Die Ingewahrsamnahme einschließlich des Transports in einem Polizeifahrzeug schlägt danach mit zwischen 25 und 255 Euro zu Buche. Etwas einfacher sind die Kosten für den Aufenthalt in einer Ausnüchterungszelle zu berechnen: Je Person und angefangene sechs Stunden werden 15 Euro in Rechnung gestellt. Müssen anschließend Zelle, Polizeifahrzeug oder Dienstkleidung der Beamten gereinigt werden, können von den "Gästen" noch einmal Gebühren zwischen 25 und 255 Euro verlangt werden.

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