Trumps Programm: Amerika zuerst

Cleveland · Donald Trump hat es geschafft: Er ist der Kandidat der Republikaner für die Wahl zum US-Präsidenten. Zum Ende des Parteitags macht er noch einmal klar: Das Wahlprogramm ist vor allem er selbst.

Cleveland. Ivanka Trump zeichnet das Bild ihres Vaters in sehr, sehr zarten Farben. Donald Trump, sagt die Tochter des New Yorker Immobilienmilliardärs, sei ein großherziger, großmütiger Mensch, erprobt im harten Baugeschäft und dabei jederzeit fair. Ein Unternehmer, der Frauen schon immer gleichen Lohn gezahlt habe und Bewerber allein nach ihrer Eignung einstelle, nicht nach Hautfarbe oder Geschlecht. Dann bittet die blonde Frau ihren Vater auf die Bühne der Arena von Cleveland, in der die Republikaner die Krönungsmesse für Trump zelebrieren. Der 70-Jährige beginnt seine Antrittsrede als Präsidentschaftskandidat. Und er zeichnet nichts weich.
Apokalyptischer Schrecken



Vielmehr entwirft er eine Skizze der amerikanischen Gesellschaft, die an apokalyptische Schrecken denken lässt, auch wenn sie punktuell der Wahrheit entspricht. Ronald Reagan, so etwas wie der Übervater der Republikaner, hatte 1984 mit dem fröhlichen "Morning in America" den Kern einer optimistischen Botschaft formuliert. Bei Trump hört es sich an, als sei finstere Nacht in Amerika.
"Die Angriffe auf unsere Polizei und der Terrorismus in unseren Städten bedrohen unsere Lebensart", warnt er, dann wiederholt er all die Themen, die seine populistische Kampagne bislang schon geprägt haben. Er spricht von der illegalen Einwanderung, der er mit dem Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko resolut begegnen werde. Er beklagt die Schieflage im Handel mit China und dem Rest der Welt, die er mit neuen, vorteilhafteren Abkommen rasch zu korrigieren gedenke. Er skizziert eine politische Klasse, die sich hemmungslos von "Big Money" korrumpieren lasse. "Niemand kennt das System besser als ich", dröhnt der Tycoon, der gern davon erzählt, wie er die Wahlkampfkassen von Politikern mit seinen Spenden auffüllte. "Deshalb bin ich der Einzige, der es reparieren kann."
Wofür steht Trump?


Die Beschreibung der Alternative zum Status quo, letztlich reduziert sie sich auf zwei Worte: Donald Trump. Sie reduziert sich auf die Behauptung, dass keiner das Handwerk des Aufbauens, des Behebens von Schäden besser beherrsche als er.
"Jeden Morgen wache ich auf in der festen Entschlossenheit, den Menschen in diesem Land, die ignoriert, vernachlässigt und im Stich gelassen wurden, ein besseres Leben zu bieten", sagt seinerseits der Kandidat.
Trump verspricht alles: Recht und Ordnung, den Sieg über die IS-Terroristen, ein Ende der illegalen Einwanderung, sichere Städte, höhere Löhne, Respekt im Ausland, niedrigere Steuern und zugleich niedrigere Staatsschulden, massive Investitionen in die marode Infrastruktur, eine Modernisierung des Militärs. Wie er das anstellen will, wie er Widersprüchliches unter einen Hut bringen will, erklärt er nicht. Es bleibt bei Worthülsen, die alles im Nebel lassen, so dass auch Rob Bishop, ein Kongressabgeordneter aus Utah, nicht recht weiß, woran er ist. Bishop zählt zu jener Schule von Konservativen, die dem Entertainer mit seinen flotten Sprüchen monatelang mit großer Skepsis begegneten, nun aber glauben, sich der Parteidisziplin beugen und ihn unterstützen zu müssen. "Mein größtes Problem ist, dass ich einfach nicht weiß, wofür Trump steht", sagt Bishop.
Irgendwann hört man auf mitzuzählen, wie oft das "USA! USA!" durch die Halle schallt. Trump hat einen nationalistischen Furor entfacht, das Leitmotiv seiner Rede lässt sich auf einen kurzen Nenner bringen. Amerika steht an erster Stelle. Und danach kommt lange nichts. "Amerikanismus wird unser Credo sein", sagt er und verdammt im selben Satz die Globalisierung.
Heftige Attacken


Ein ums andere Mal reitet er heftige Attacken gegen die politische Gegnerin, gegen Hillary Clinton. Es klingt, als habe die Außenministerin Clinton sämtliche Krisen der arabischen Welt zu verantworten, "ein Libyen in Ruinen, einen Irak im Chaos, ein vom Bürgerkrieg verschlungenes Syrien". Ihre Hinterlassenschaft, bringt es Trump auf eine düstere Zeile, bestehe aus Tod, Zerstörung, Terrorismus und Schwäche.
"Sperrt sie ein! Sperrt sie ein!", schallt es daraufhin durch die Quicken Loans Arena, was Trump die Gelegenheit gibt, ausnahmsweise einmal den Staatsmann zu geben. Gönnerhaft schüttelt er den Kopf, als wollte er die Menge beschwichtigen: "Nein, lasst sie uns im November an der Wahlurne besiegen."Extra

Was von Cleveland bleibt: fünf kurze Notizen vom Republikanerkonvent. Zerrissene Partei: Die Republikaner bleiben bei allem Bemühen um inszenierte Einigkeit auch nach dem Konvent tief gespalten über Donald Trump und ihre Zukunft. Einender Hass: Nichts konnte die Partei in Cleveland so emotionalisieren und zusammenführen wie ständige Angriffe auf Hillary Clinton. "Sperrt sie ein" wurde akzeptiertes Gemeingut. Kinder im Wartestand: Unabhängig vom Wahlausgang wird man Trumps Kinder im Auge behalten müssen. Politische Karrieren etwa von Donald Jr. und Ivanka sind gut vorstellbar. Mäßiges Management: Rund dreieinhalb Monate vor der Wahl lassen der Umgang mit Plagiatsvorwürfen, die Programmgestaltung und vieles im Ablauf stark zweifeln, wie Trumps Team organisatorisch wie inhaltlich mit wirklich großen Aufgaben umginge. Selbstbezug: Außenpolitik oder internationale Beziehungen spielten kaum eine Rolle, konkrete Politik oder Programme auch nicht. Cleveland definierte sich ganz aus der Warte eines bedrohten Amerika. dpa

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