Verwirrung um Zahlungen des Landes an Behindertenwerkstätten

Mainz · Der Landesrechnungshof sieht Sparpotenzial bei den Behindertenwerkstätten in Rheinland-Pfalz. Die Tagessätze für Betreuung seien großzügiger als in anderen Ländern. Während das SPD-Sozialministerium alles prüfen will, schimpft die CDU: "Wäre Frau Dreyer noch Ministerin, müsste sie sich selbst entlassen."

Mainz. CDU-Chefin Julia Klöckner hält sich am Dienstagabend beim Pressestammtisch in einem Mainzer Weinlokal bedeckt. Man werde im Detail hinschauen und sich erklären lassen, was der Rechnungshof in seinem Jahresbericht zu den Behindertenwerkstätten festgestellt habe, und erst dann Stellung nehmen. Schließlich sei das ein sensibles Thema.
Keine 24 Stunden später ist es mit der Zurückhaltung vorbei. Da lässt die sozialpolitische CDU-Sprecherin Hedi Thelen verlauten, Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) habe in ihrer Zeit als Sozialministerin "offensichtlich gegen geltendes Recht verstoßen", zudem sei "das Parlament getäuscht worden".
Die Union bringt das Thema am Dienstag in den Sozialausschuss.
Auslöser der Debatte ist Kritik des Rechnungshofs, derzufolge es in Rheinland-Pfalz als einzigem Bundesland keine gesetzlich vorgesehenen Verträge über Leistungen mit den Betreibern der Einrichtungen gebe. Zudem habe das Land teils nicht kontrolliert, wie die Mittel verwendet worden seien, und sogar nicht angefallene Kosten gedeckt.
Umfangreiche Stellungnahme


Nach Einschätzung der Finanzkontrolleure sind dem Land und den Kommunen im Jahr 2011 dadurch 30 Millionen Euro Mehrkosten entstanden.
Das Sozialministerium reagiert auf TV-Anfrage mit einer umfänglichen Stellungnahme. Darin heißt es, die Werkstätten böten seit Jahrzehnten berufliche Teilhabe- und Eingliederungsmöglichkeiten für behinderte Menschen, die keiner üblichen Erwerbsarbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen könnten. Die Werkstätten hätten ihre Angebote ausgebaut, was nicht ohne zusätzliche finanzielle Unterstützung gegangen wäre.
Ausdücklich erkennt Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) an, der Bericht des Rechnungshofes enthalte "wichtige Aspekte, wie den steigenden Kosten entgegengewirkt werden kann". Sowohl durch allgemeine, werkstattübergreifende Kritikpunkte als auch durch Beanstandungen an einzelnen Werkstätten würden Sparpotenziale aufgezeigt. Das Land werde das prüfen und mit der LAG, dem Zusammenschluss der Werkstätten, einvernehmliche Lösungen erarbeiten.
Am Abschluss eines Rahmenvertrages über Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen werde seit Längerem gearbeitet. Da das Bundesteilhabegesetz erhebliche Auswirkungen haben werde, "muss zunächst die Rechtsentwicklung abgewartet werden".
Das Ministerium kritisiert die Prüfer auch. Hinweise auf mögliche Konsequenzen der von diesen vorgeschlagenen Personalreduzierung fehlten. Falls es dazu komme, müssten alternative tagesstrukturierende Plätze gefunden werden - "ob diese tatsächlich kostengünstiger wären, lässt der Rechnungshofbericht offen".

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