Anwalt: Betroffene sollten nicht untätig bleiben

Trier/Köln · E-Mail-Adresse checken und - wenn gestohlen -, dann Passwörter ändern: Dies tun derzeit Millionen Bundesbürger, die Opfer eines Datendiebstahls geworden sind. Das reicht nicht aus, sagt IT-Experte Christian Solmecke.

Trier/Köln. Verbraucher müssen sich nach dem Mega-Datenklau von Millionen Passwörtern und E-Mail-Adressen (der TV berichtete) auch juristisch wappnen, meint der bekannte Kölner IT-Fachanwalt Christian Solmecke. Er antwortete am Donnerstag auf die Fragen von TV-Redakteur Oliver Haustein-Teßmer.

Sollen betroffene E-Mail-Nutzer Anzeige erstatten?
Christian Solmecke: Eine Strafanzeige macht aus meiner Sicht hier in jedem Fall Sinn. Die Entwendung der persönlichen Daten ist eine Straftat, die geahndet werden sollte. Je mehr Menschen nun Anzeige erstatten, umso höher wird auch der Druck auf die Staatsanwaltschaften, hier Ermittlungen aufzunehmen.

Wie erfolgversprechend ist das?
Solmecke: Es kann natürlich sein, dass sich später herausstellt, dass die Täter im Ausland sitzen und die deutschen Ermittlungen im Sande verlaufen. Andererseits kooperieren die Ermittlungsbehörden der verschiedenen Staaten, so dass hier auch deutsche Staatsanwälte ganz gewiss ein Stück zur Ermittlung der Täter beitragen können.

Hilft eine Anzeige, falls um Haftungsfragen gestritten wird?
Solmecke: Sollte es nun zu unerwünschten Einkäufen - etwa über das Konto eines Datendiebstahlopfers beim Onlinehändler Amazon - kommen, kann eine solche Strafanzeige auf jeden Fall helfen. Damit lässt sich im Zweifel beweisen, dass Bestellungen gerade nicht von dem getätigt worden sind, der vom Datendiebstahl betroffen ist, sondern von einem unbekannten Dritten.

Welche Rechte haben Kunden im Onlinehandel in solchen Fällen?
Solmecke: Generell gilt, dass der Onlineshop im Zweifel beweisen muss, dass eine bestimmte Person eine Bestellung ausgelöst hat. Sofern die Betroffenen mit ihren Daten nicht grob fahrlässig umgehen, können sie für unerwünschte Bestellungen nicht zur Haftung gezogen werden.

Glauben Sie, dass es nun relativ viele Verfahren geben wird?
Solmecke: Aus Erfahrung weiß ich, dass viele Betroffene untätig bleiben, solange ihnen kein Schaden entstanden ist. Oft kommt allerdings erst viele Jahre später heraus, dass ein Datenmissbrauch stattgefunden hat. Die Zusammenhänge sind dann nur noch schwer herzustellen.

Wie schätzen Sie die juristischen Folgen des Mega-Datenklaus ein?
Solmecke: Aus früheren Diebstählen bei Vodafone oder Sony wissen wir, dass die rechtlichen Nachspiele für die Provider meist ausbleiben. Insofern hoffe ich, dass die Datenschutzbehörden jetzt zugunsten der Verbraucher tätig werden und restlos aufklären, wie es zu dieser Entwendung kommen konnte. oht
volksfreund.de/datenklauExtra

Christian Solmecke (40) arbeitet als Rechtsanwalt und ist spezialisiert auf IT-Recht, Internetrecht und Handelsrecht. Seit 2010 ist er Partner in der Kölner Kanzlei Wilde Beuger Solmecke.

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