Diese Alternative stürzt die CDU in ein Dilemma

Mainz · "Es gibt keine Koalition in der Opposition." Das ist das Credo von CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner, wenn es um den Umgang mit der AfD geht. Dennoch stellt der Rivale in der Opposition die Union vor Probleme.

Irgendwann im Jahr 2000 muss es gewesen sein, als Uwe Junge eine E-Mail an Christian Wulff schrieb. Der heutige AfD-Fraktionschef war damals Mitglied in der CDU und wehrte sich in dem Schreiben an den späteren Bundespräsidenten dagegen, dass Angela Merkel die Union anführen sollte. Er habe damals "kein gutes Bauchgefühl" gehabt. 2009 trat Junge aus der CDU aus, nach 34 Jahren. Merkel habe die CDU "schleichend sozialdemokratisiert", sagt er.
Der Union macht er nun das Leben schwer. Zumindest in Rheinland-Pfalz. Dort sitzt die CDU nun mit der AfD in der Opposition. Politikforscher Ulrich Sarcinelli sagt, die Abgrenzung sei für die Union schwierig. Ihrer konstruktiv-kritischen Haltung stehe eine "diffamierende Pauschalkritik" der AfD entgegen - und die finde vielleicht mehr Gehör. Zugleich besetze die AfD traditionelle CDU-Themen wie Sicherheit.
Im Landtag zeigt sich, in welches Dilemma die AfD die Union stürzt. Um zu punkten, muss die CDU Themen setzen - klar. Bringt sie aber umstrittene Anträge wie das Verbot von Vollverschleierung ein, so rückt die Ampelkoalition die Union schnell in die Nähe der AfD.
Der Eifeler CDU-Abgeordnete Michael Billen sagt, die Union dürfe sich davon nicht abschrecken lassen. "Wenn wir eine Auffassung haben, müssen wir sie nicht aufgeben, nur weil die AfD sie hat." SPD und Linke seien häufig genug ebenfalls einer Meinung - und gingen nicht in eine Koalition. Die Union rede nicht mit der AfD, weder offiziell noch inoffiziell.
SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer sieht das Verhältnis kritischer. Er wünsche sich, dass die Union über vereinzelte Wortbeiträge hinaus den gemeinsamen Weg der Auseinandersetzung mit der AfD suche. Das sehe er bislang nicht. Im Gegenteil: "Wenn es zu Verbalattacken und vermeintlichen Scherzen von AfD-Rednern gegenüber der Landesregierung kommt, lachen im Parlament auch CDU-Abgeordnete aus der ersten Reihe. Da frage ich: Muss das sein? Solche Signale ermutigen die AfD."Sichtbare Unterschiede


Inhaltlich zeigen sich bei großen politischen Fragen durchaus die Unterschiede zwischen CDU und AfD. Bei der Hahn-Affäre forderte die AfD früh einen Untersuchungssausschuss, was die Union in der Hoffnung auf neue, belastende Fakten gegen die Landesregierung zögerlich kommentierte. Den CDU-Misstrauensantrag gegen Ministerpräsidentin Malu Dreyer trug die AfD zwar mit, kritisierte ihn aber nach dem Scheitern als übereilt. Bei der Mauss-Affäre um offenbar verdeckte Spenden an die CDU forderte die AfD Aufklärung, wenn auch nicht so laut wie SPD, Grüne und FDP. Sarcinelli glaubt aber, dass gerade die AfD davon profitieren könnte. Sie bediene das weit verbreitete Vorurteil, Politiker könnten mit Geld nicht umgehen und wirtschafteten nur im eigenen Interesse.
Inhaltlich rät Sarcinelli der CDU, sich der AfD nicht zu stark anzunähern. "Demokratische Parteien leben von der Glaubwürdigkeit." Michael Billen sagt hingegen, die "linksmittige Orientierung" der CDU sei nicht der Wunsch aller Mitglieder gewesen. "Wir müssen wieder unsere Kernthemen stärken - wie die innere Sicherheit." flor

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort