Drei Tage im Schichtdienst und 50 Akten gleichzeitig

Trier · 1,7 Millionen Überstunden haben Polizeibeamte in den vergangenen Jahren angesammelt. Musste das sein? Der Blick auf den Arbeitsalltag von Polizisten zeigt, warum oft keine Luft mehr da ist, um Mehrstunden abzubauen.

Trier. Dieter Engemann ist Mitglied im Landesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Er schildert die Personalsituation auf den Dienststellen als dramatisch: "Wir haben bald niemanden mehr, der dort arbeitet, weil alle Kolleginnen und Kollegen im Außeneinsatz sind."
Was die Beamten in ihrer Dienstzeit tun, versuchen wir hier zu skizzieren: So muss grundsätzlich zwischen jenen Beamten unterschieden werden, die im Schichtdienst arbeiten und überwiegend als Streife oder bei Sondereinsätzen unterwegs sind. Parallel dazu gibt es die Beamten im Innendienst mit einer festen Tagesschicht, die acht Stunden beträgt und variabel zwischen 6 und 9 Uhr beginnen kann.
Im Schichtdienst, wie er bei der Polizeiinspektion Trier organisiert ist, arbeitet ein Beamter zum Beispiel in der Folge 12 bis 21.30 Uhr, 6.30 bis 13 Uhr und 21 bis 7 Uhr. Danach hat er zwei Tage frei. "Viele unserer Leute müssen allerdings bereits nach einem Tag wieder bei Sondereinsätzen dabei sein, weil sonst nicht genügend Beamte zur Verfügung stehen", sagt Engemann. Zudem müssten auch die meist älteren Beamten aus dem Innen- oder Tagesdienst immer häufiger bei aktuellen Einsätzen mitfahren. Unfälle, häusliche Gewalt, Brände, Ruhestörungen und Einbrüche - das sind nur einige Anlässe, die zusätzlich zu dem normalen Streifendienst die Präsenz der Polizisten fordern. Vor allem auf dem Land bedeutet das oft lange Wege und viel Zeitaufwand.
In den Dienststellen liegen die Schwerpunkte anders, zumindest theoretisch. Die Aufnahme von Anzeigen gehört dort ebenso zur Routine wie die Vorladung und Vernehmung von Zeugen. "Bis zu 50 Prozent unserer Zeit verbringen wir mit schriftlicher Arbeit", sagt ein Insider. Denn jeder Einsatz muss genau protokolliert werden, damit er vor Gericht verwertbar ist. Eine Durchsuchung beschäftige einen Beamten beispielsweise einen kompletten Tag. "Die Tagesdienstleute sind oft vollkommen überlastet", sagt GdP-Vorstandsmitglied Dieter Engemann. 50 Akten und mehr, die ein Kollege gleichzeitig zu bearbeiten habe, seien kein Einzelfall. Bei der Kriminalpolizei sei es häufig noch schlimmer. "1000 oder 1500 Überstunden sind bei der Kripo und bei Spezialeinheiten keine Seltenheit."
Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei fordert die Belastung ihren Tribut. Engemann: "In Rheinland-Pfalz gibt es 1000 Polizeibeamte, die nur noch eingeschränkt dienstfähig sind. Mittlerweile werden schon die 40-Jährigen krank, weil sie einfach ständig im Dienst sind." r.n.

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