Zigaretten Ein Code für jede Zigarettenpackung : Unternehmen in der Region halten ehrgeiziges EU-Projekt gegen Schmuggelware für Unsinn

Trier/Brüssel · Mit einem weltweit einzigartigen System gegen den Zigarettenschmuggel will die EU kriminelle Strukturen zerschlagen. Den Zeitplan bis 2019 halten die regionalen Tabakunternehmen für nicht umsetzbar. Sie befürchten hohe Kosten und kaum Effizienz.

 Zigaretten. Foto: Frank Rumpenhorst

Zigaretten. Foto: Frank Rumpenhorst

Trier/Brüssel. Rauchen ist teuer. Seit 2002 hat sich der Preis für eine Schachtel Zigaretten nahezu verdoppelt. Wer pro Glimmstängel 30 Cent zahlen muss, ist für den grenznahen Wohnort zu Luxemburg dankbar. Wer diesen sogenannten Ameisenhandel über die europäischen Binnengrenzen nicht nutzen kann, gerät vielleicht bei Schwarzmarkt-Zigaretten in Versuchung. Nach Schätzungen der Tabakindustrie geht ihr durch Schmuggelware in Deutschland in jedem Jahr mehr als eine Milliarde Euro durch die Lappen. Der Staat, der an jeder Zigarette 70 Prozent des regulären Verkaufspreises als Steuer bekommt, verliert demnach etwa vier Milliarden Euro jährlich. Mit einem ehrgeizigen Kennzeichnungssystem will die EU ab 2019 jede Zigarettenpackung auf dem Weg von der Fabrik bis zum letzten Großhändler rückverfolgbar machen.

EU-Kennzeichnungspflicht für Zigaretten: "Die Politiker sollten andere Prioritäten setzen"

Wie die EU dem Tabakschmuggel Einhalt gebieten will

"Allein für den deutschen Gesamtmarkt müssten jährlich die Daten von etwa acht Milliarden Einzelverpackungen erfasst, mehrfach dokumentiert und gespeichert werden", sagt Hajo Fischer, Geschäftsführer von Landewyck Deutschland in Trier. Ebenso wie der Verband der Tabakgroßhändler hält er den Aufwand für unverhältnismäßig im Vergleich zum Ertrag.

Ähnlich kritisch wird das EU-Vorhaben von JT International gesehen, das in seinem Werk in Trier 2000 Mitarbeiter beschäftigt. "Das nun vorgeschlagene Modell hätte im Vergleich zu dem bereits bestehenden Beförderungs- und Kontrollsystem ein fünffach erhöhtes Datenvolumen in Verbindung mit extrem teuren Soft- und Hardware-Lösungen für die Datenverwaltung zur Folge", sagt Heike Maria Lau, Leiterin Politik und Unternehmenskommunikation bei JTI.

Auch Europaabgeordnete wie Inge Gräßle (CDU), Chefin des Haushaltskontrollausschusses im Europaparlament, zweifeln an der Effektivität eines Systems Tracking-and-Tracing (Aufspüren und Verfolgen) und warnen vor einem Datenfriedhof.

Die Tabakindustrie verweist zudem auf die Veränderungen im Schmugglermarkt. Ein Drittel der illegal verkauften Zigarettenpackungen werden demnach außerhalb der EU unter Fantasienamen wie Minsk oder Jin Ling produziert. Diese würden durch das geplante Kontrollsystem nicht erfasst. Auch die Bilanz des Zolls weist auf diese Veränderungen hin: So hat sich 2015 bundesweit die Zahl der sichergestellten Schmuggelzigaretten mit 75 Millionen Stück im Vergleich zu den beiden Vorjahren halbiert.

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