Gestohlenes Gold und geraubte Geborgenheit: Viele Einbruchsopfer leiden noch lange nach der Tat

Trier · Sie wissen, wann ihre Opfer aus dem Haus gehen, wo es was zu holen gibt und wie sie es zu Geld machen können. Hinter den zahlreichen Einbrüchen, die es in der Region gibt, stecken meist professionelle Banden. Natürlich gibt es auch Einzeltäter. Ein besonders brutales Vorgehen wirft die Staatsanwaltschaft einem Einbrecher aus Konz vor. Er wird wegen Mordes angeklagt.

Nur in den seltensten Fällen spitzt sich die Situation bei einem Einbruch derart dramatisch zu, wie dies vor einigen Wochen in Konz geschehen ist: Ein Einbrecher wurde von der 63-jährigen Bewohnerin des Hauses auf frischer Tat ertappt. Um seine Beute zu sichern und die Tat zu vertuschen, erdrosselte er die Frau. Der Tatverdächtige, ein 40-jähriger Konzer, sitzt inzwischen in Untersuchungshaft.

Dem Einbruch-Report der deutschen Versicherungswirtschaft zufolge berichten nur 4,2 Prozent aller Opfer, dass sie direkten Kontakt mit dem Täter hatten. In jedem 150. Fall (0,7 Prozent) übt dieser Gewalt aus. Auch die vielen Polizeimeldungen zeigen: Werden Einbrecher auf frischer Tat ertappt, so ist ihre übliche Reaktion, zu fliehen.
Man muss jedoch keine körperliche Gewalt erleben, um unter den Folgen eines Einbruchs zu leiden - geht es doch um weit mehr als um zerstörte Türen, durchwühlte Kommoden und gestohlenen Goldschmuck. Ein Einbruch verletzt die Privatsphäre. Raubt den Rückzugsort. Zerstört das Gefühl von Geborgenheit. Der Einbruchs-Report zeigt: Fast die Hälfte der Betroffenen fühlte sich auch ein Jahr später in der gewohnten Umgebung noch unsicher. Rund 20 Prozent der Befragten litten unter starken Angstgefühlen und Schlafstörungen.

Auch dies sind Gründe, warum die Polizei Einbruchsdiebstähle mit größerer Härte und höherem personellen Aufwand nachgeht als anderen Delikten. Eine im September vom Polizeipräsidium Trier gegründete Ermittlungsgruppe wurde inzwischen von acht auf zehn Beamte aufgestockt. Ihnen geht es nicht um Gelegenheitsdiebe und Einzeltäter. Im Zentrum ihrer Recherchen steht die organisierte Bandenkriminalität, die in den vergangenen Jahren auch in der Region Trier stark zugenommen hat. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist zwischen Januar und Juli im Vergleich zum ersten Halbjahr 2014 um ein Drittel gestiegen (auf 492). Hinzu kommen 354 Einbrüche in Gebäude, die nicht zum Wohnen genutzt werden (Firmen, Lagerhallen, Schulen und Ähnliches).

Diese Banden - oft handelt es sich um Familienclans - gehen arbeitsteilig vor: Die einen suchen nach geeigneten Objekten. "Es ist davon auszugehen, dass alle Tatorte gründlich ausbaldowert werden", sagt Polizeisprecher Uwe Konz. Zum Teil arbeiten die Täter dabei mit sogenannten Gaunerzinken: Sie markieren die Häuser unauffällig mit Kreidezeichen, die ihren Komplizen verraten, wo es was zu holen gibt, wann die Opfer außer Haus sind oder ob es Hunde gibt.

Zur Tatzeit wird laut Konz dann ein Dreier- oder Viererteam tätig. Wieder andere verkaufen das Diebesgut. Seltener landet Schmuck in Depots. Meist werden Steine laut Konz gleich nach der Tat herausgebrochen und das Gold eingeschmolzen.

18 Verdächtige hat die Polizei inzwischen festgenommen. Eine Handvoll von ihnen wurde bereits verurteilt. Laut Oberstaatsanwalt Ingo Hromada handelt es sich dabei um Randfiguren. Sie müssen Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten sowie zwei Jahren und neun Monaten verbüßen - ohne Bewährung. Auch eine "zentrale Figur" ist gefasst: ein 45 Jahre alter Mann aus der Verbandsgemeinde Speicher, der der Chef eines Einbrecherclans sein soll. Das Verfahren gegen ihn steht noch aus.

Die meisten Täter kommen allerdings davon. Ist die Aufklärungsquote bei Einbrüchen mit rund 15 Prozent doch deutlich niedriger als bei anderen Delikten. Den mutmaßlichen Täter aus Konz konnte die Polizei allerdings finden, da er vorbestraft war und DNA-Spuren die Ermittler zu ihm führten. Er wird des Mordes angeklagt.
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Extra Wann, wie, wo?
Die meisten Einbrüche werden laut Einbruch-Report der deutschen Versicherungswirtschaft in den Wintermonaten zwischen 10 und 18 Uhr verübt. Das Risiko ist in Einfamilienhäusern und im Erdgeschoss von Mehrfamilienhäusern besonders hoch. Meist hebeln die Einbrecher Türen auf oder schlagen Fenster ein. Professionelle Täter brauchen meist weniger als 15 Sekunden, um sich Zugang zu verschaffen - auch, weil die Sicherheitstechnik vielerorts noch auf dem Stand der 70er oder 80er Jahre ist.
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Extra Richtiges Verhalten
Wer einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt, sollte schnell und lautlos Hilfe holen - und keinesfalls den Helden spielen. Die Opferschutzorganisation Weißer Ring warnt eindringlich davor, Einbrechern die Fluchtwege abzuschneiden. Stattdessen solle man sich unauffällig an einen sicheren Ort retten - zum Beispiel zu den Nachbarn - und die Polizei rufen. Falls es unmöglich ist, die Wohnung unbemerkt zu verlassen solle man sich einschließen. Lässt sich eine Begegnung nicht vermeiden: unbedingt das Aussehen des Täters und falls möglich das Nummernschild des Fluchtwagens einprägen.

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