Grüne ziehen Konsequenzen aus Wahldebakel: Daniel Köbler künftig kein Fraktionschef mehr - Verhandlungen ohne Eveline Lemke - Bleibt Höfken Ministerin?

Mainz · Bei den Landes-Grünen gibt es erste Konsequenzen aus dem Debakel bei der Landtagswahl: Daniel Köbler wird in der neuen Legislaturperiode kein Fraktionschef mehr, Eveline Lemke zieht sich aus den Gesprächen für eine Ampelkoalition zurück. Eher unwahrscheinlich, dass damit das Großreinemachen bei den Grünen beendet ist.

 Eveline Lemke und Daniel Köbler

Eveline Lemke und Daniel Köbler

Foto: volksfreund.de/Archiv

Wenn sich die rheinland-pfälzischen Grünen am Samstag zu ihrem sogenannten kleinen Parteitag in Kaiserslautern treffen, dann dürfte der Name des Veranstaltungsorts - Alte Eintracht - kaum Programm sein. Nach der mehr als deftigen Wahlschlappe vor einer Woche werden die Delegierten bei der angekündigten Wahlnachlese mit ihrer Kritik nicht hinterm Berg halten und vermutlich für reichlich Zwietracht sorgen.

Da dürfte der am Vortag angekündigte Teilrückzug der beiden Spitzenpolitiker Eveline Lemke und Daniel Köbler aus der ersten Reihe allenfalls für ein wenig Entspannung sorgen. Vielen Delegierten wird das allerdings nicht reichen.Die mit den Sozialdemokraten in der Regierung sitzenden Grünen hatten bei der Landtagswahl gut zehn Prozentpunkte gegenüber 2011 verloren, wären um ein Haar sogar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Im neuen Landtag sind die Grünen jetzt mit sechs statt 18 Parlamentariern vertreten. Der auf Listenplatz zwei kandidierende Köbler hatte noch am Wahlabend Konsequenzen angekündigt, ohne allerdings konkret zu werden.

Als einer der Ersten hatte Mitte der Woche der Grünen-Kreisverband Trier-Saarburg den Rücktritt Köblers gefordert. Hauptkritikpunkt: Der Fraktionschef hatte im Wahlkampf ein Papier zur stärkeren Steuerung des Zuzugs von Flüchtlingen vorgestellt, das nicht mit der Basis abgestimmt war. Für Grünen-Politiker wie die scheidende Trier-Saarburger Landtagsabgeordnete Stephanie Nabinger eine Todsünde. "Wir sind eine basisdemokratische Partei." Das achtseitige Papier hätte zunächst mal von einem Parteitag verabschiedet werden müssen.

Mit dem angekündigten Rückzug Köblers von der Fraktionsspitze ist das Thema für Nabinger noch nicht vom Tisch. Sollte sich herausstellen, dass auch die beiden Grünen-Parteivorsitzenden Katharina Binz und Thomas Pe8try das Papier kannten, müssten auch sie zurücktreten, fordert die Trier-Saarburger Grünen-Sprecherin.

Kritik kommt auch aus Trier

Scharfe Kritik kommt auch von den Trierer Grünen. In einer am Donnerstagabend verabschiedeten Resolution wird Köbler und Spitzenkandidatin Eveline Lemke vorgeworfen, Parteitagsvoten übergangen und ins Gegenteil verkehrt zu haben. Weiter ist von "fehlender Klarheit, Herumgeschwurbele, offensichtlichen Unwahrheiten und mangelnder Transparenz" die Rede.

Nach Köbler zog am Freitagnachmittag auch Eveline Lemke die Konsequenzen und teilte in einer Erklärung mit, sie ziehe sich "aus einer führenden Rolle bei den anstehenden Gesprächen mit den anderen Parteien zurück". Gemeint sind die laufenden Sondierungsgespräche und die voraussichtlich bevorstehenden Koalitionsverhandlungen.

Damit dürften in nächster Zeit weder Lemke noch Köbler weiter eine führende Position bei den rheinland-pfälzischen Grünen bekleiden. Die beiden Spitzenkandidaten haben zwar erneut ein Landtagsmandat bekommen, ob sie es annehmen, gilt als ungewiss. Stephanie Nabinger hält es für denkbar, dass zumindest Köbler sein Mandat zurückgibt.

Einiges dürfte auch davon abhängen, wie der heutige kleine Parteitag in Kaiserslautern verläuft. Bevor der eigentliche Parteitag am Nachmittag beginnt, treffen sich ab 10.30 Uhr bereits die Partei- und Fraktionsspitzen mit den Kreisvorständen. Schon bei diesem Treffen dürfte Tacheles geredet werden, wenn man den Ankündigungen der Basis glauben darf. Ab 14 Uhr geht es dann mit 70 Delegierten im etwas größeren Kreis weiter.

Fünf statt 17 Kollegen

"Ich wünsche mir eine ehrliche, aber auch faire Aussprache", sagt die Bernkastel-Kueser Abgeordnete Jutta Blatzheim-Roegler, der als einziger Grünen-Parlamentarierin aus der Region erneut der Sprung in den Landtag gelungen ist. Dort sitzt die 59-Jährige künftig mit fünf statt bislang 17 Parteikollegen. Für die Fraktionsspitze dürfte die bisherige Vize Blatzheim-Roegler nicht infrage kommen. Als mögliche Köbler-Nachfolger gelten der Pfälzer Andreas Hartenfels (49) und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Anne Spiegel (35). Auch Bernhard Braun (57) werden noch Chancen eingeräumt.

Die Entscheidung, wer das Rennen macht, trifft die arg geschrumpfte neue Grünen-Fraktion. Aber in Kaiserslautern könnte sich die Richtung abzeichnen. Kommt das rot-gelb-grüne Ampelbündnis zustande, werden die Grünen höchstens noch zwei Ministerämter (statt bislang drei) bekleiden dürfen.

Gut möglich, dass die Eifelerin Ulrike Höfken dann abermals einen Ministerinnenposten im Dreyer-Kabinett bekommt. Die 60-jährige Umwelt- und Landwirtschaftsministerin ist von der parteiinternen Kritik bis dato gänzlich verschont geblieben.

Harte Kritik aus Trier an Grünen-Landesspitze

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