Pünktlich zur Adventszeit Streit ums Einkaufen am Sonntag

Trier · Pünktlich zur Vorweihnachtszeit ist der Streit um verkaufsoffene Sonntage neu entbrannt. Während sich der Handel für flexiblere Öffnungszeiten starkmacht, treten Gewerkschaften und Kirchen auf die Bremse. Auch die Kunden sind beim Thema Sonntagsöffnungen geteilter Meinung.

Wenn das Wetter mitspielt, wird am Sonntag in Trier, Wittlich und Bernkastel-Kues wieder reichlich Betrieb sein. Ab der Mittagszeit sind dort am ersten Advent die Geschäfte geöffnet; für viele Kunden eine willkommene Gelegenheit, um Weihnachtsgeschenke einzukaufen oder einfach nur durch Läden und Fußgängerzone zu bummeln. Höchstens vier Mal im Jahr können rheinland-pfälzische Kommunen verkaufsoffene Sonntage festlegen und damit Geschäftsinhabern erlauben, für maximal fünf Stunden zu öffnen.

Dem Präsidenten des Handelsverbands Deutschland, Josef Sanktjohanser, reicht das nicht aus. Er plädiert für zehn verkaufsoffene Sonntage. Andere, wie Karstadt-Chef Stephan Fanderl, können sich sogar noch mehr Sonntagsöffnungen vorstellen. In der Region Trier hält sich der Beifall in Grenzen. "Wir fahren gut mit vier verkaufsoffenen Sonntagen", meint der Vize-Chef der Trierer City-Initiative, Benno Skubsch. Allerdings wünschten sich die Trierer Händler mehr Flexibilität - etwa einen verkaufsoffenen Adventssonntag im Dezember. Bislang darf am ersten Advent nur geöffnet werden, wenn er - wie in diesem Jahr - auf einen Novembersonntag fällt. "Da muss sich etwas ändern", sagt auch der Präsident des rheinland-pfälzischen Einzelhandelsverbands, Georg Kern.

Gegen mehr verkaufsoffene Sonntage ist auch Ina Mertiny-Dombrowski vom Morbacher Gewerbeverein. Der Kunde habe schon jetzt genug Auswahl, "ich sehe da keinen Vorteil", meint die Gewerbevereinssprecherin. Anderer Meinung ist Claudia Jacoby, die neue Chefin des Vereins Stadtmarketing Wittlich: "Je mehr verkaufsoffene Sonntage, desto besser", sagt sie. "Da kommen Kunden zu uns, die ansonsten im Internet bestellen."

Die Meinung der Kunden ist gespalten. Bei einer (nicht repräsentativen) Online-Umfrage unserer Zeitung sprach sich ein Großteil der über 250 Teilnehmer gegen mehr verkaufsoffene Sonntage aus. Eine Meinung, die auch von der Allianz für den freien Sonntag, einem Bündnis aus Gewerkschaften und kirchlichen Organisationen, geteilt wird. Der arbeitsfreie Sonntag sei ein Gut, das man nicht mit Geld bezahlen könne, sagt Sprecher Manfred Thesing. Das scheint die Mainzer Arbeitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler ähnlich zu sehen. Eine weitere Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten sei nicht geplant, sagte die SPD-Politikerin unserer Zeitung.

Stichwort

Wann und wie lange Geschäfte in Rheinland-Pfalz aufmachen dürfen, steht im Ladenöffnungsgesetz. Generell darf ein Händler seinen Laden werktags von 6 bis 22 Uhr aufmachen. Allerdings gibt es Ausnahmeregelungen - etwa für bestimmte Handelszweige, Standorte oder für den Sonntagsverkauf. So dürfen beispielsweise Verkaufsstellen für Zeitungen, Zeitschriften, Milcherzeugnisse, Bäcker- und Konditorwaren, landwirtschaftliche Produkte, Blumen oder Pflanzen auch an Sonn- und Feiertagen von 7 Uhr bis 20 Uhr geöffnet sein - allerdings nur für maximal fünf Stunden. Großzügige Ausnahmeregelungen gibt es auch für Kurorte sowie Ausflugs-, Erholungs- und Wallfahrtsorte mit besonders starkem Fremdenverkehr. Dort dürfen Verkaufsstellen für Badegegenstände, Devotionalien, Getränke, frische Früchte, Süßwaren, Tabakwaren, Blumen, Zeitungen, Zeitschriften sowie Waren, die für diese Orte kennzeichnend sind, an den meisten Sonn- und Feiertagen zwischen 11 Uhr und 20 Uhr für bis zu acht Stunden geöffnet sein. Kommunen oder Einrichtungen, die davon profitieren, sind beispielsweise Trier, viele Orte an der Mosel oder das Kloster Himmerod. sey

KONTRA
Leere Läden, leere Kassen

Rolf Seydewitz

Wer will, kann schon heute auch in unserer Region fast rund um die Uhr einkaufen. Zumindest in den größeren Städten gibt es Geschäfte, die an sechs Tagen die Woche von morgens bis spät abends geöffnet haben. Manche Händler haben auch schon wieder eine Rolle rückwärts gemacht, weil sich die längeren Öffnungszeiten nicht gerechnet haben. Das ist nicht verwunderlich. Jeder seriös haushaltende Verbraucher kann sein Geld halt nur einmal ausgeben - ob montagmittags um zwei Uhr oder samstagabends um neun. Die Kosten der Händler dagegen steigen, je länger sie die Läden geöffnet haben.
Viele Ladenbesitzer würden daher schon alleine aus wirtschaftlichen Gründen die Möglichkeit weiterer Sonntagsöffnungen nicht nutzen. Verkaufsoffene Sonntage, an denen letztlich nur ein Bruchteil der Händler teilnimmt, machen aber keinen Sinn. Hinzu kommt: Bei der gegenwärtigen Praxis ist der verkaufsoffene Sonntag noch etwas Besonderes, hat Erlebnischarakter. Wohl der Hauptgrund, dass dann in Trier, Bitburg, Wittlich oder anderswo Geschäfte und Fußgängerzonen voll sind.
Sollte es künftig in immer kürzeren Abständen Sonntagsöffnungen geben, würde aus dem Zugpferd allerdings ein lahmer Gaul.
r.seydewitz@volksfreund.de

PRO
Wandel gestalten, nicht aufhalten

Harald Jansen

Hätten Sie sich vor zehn Jahren vorstellen können, am Samstagabend kurz nach der Tagesschau noch den Wocheneinkauf zu erledigen? Sicher nicht. Und heute ist das - wie die vollen Parkplätze an den Supermärkten zeigen - längst Realität. Dieses Beispiel zeigt, wie sich die Einkaufsgewohnheiten ändern. Die einst rigiden Vorgaben für Ladenöffnungszeiten sind gelockert worden und werden weiter gelockert werden. Die Kunden wollen dann einkaufen, wenn es ihnen passt. Sowohl was die Uhrzeit betrifft, als auch was den Tag angeht. Und nicht dann, wenn es Mitarbeitern der Läden oder Gewerkschaftsvertretern passt. Das kann man beklagen. Dieser Prozess ist jedoch nicht aufzuhalten. Und es besteht kein stichhaltiger Grund, ihn zu behindern. Die althergebrachte Fünf-Tage-Woche ist inzwischen ein Privileg für immer weniger Berufsgruppen. Für Polizisten, Krankenschwestern, Köche oder Busfahrer ist ein freies Wochenende eine Ausnahme und nicht die Regel. Es muss nun die Aufgabe der Interessenvertreter der Arbeitnehmer sein, diesen Wandel zu gestalten. Denn eine Ausweitung der Öffnungszeit bietet beispielsweise auch Chancen auf Flexibilisierung. Denn wer am Sonntag arbeitet, hat an einem anderen Tag frei. Das ist auch nicht zu verachten.
h.jansen@volksfreund.de
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