74-Jährige gibt den Takt vor: Cornelia Willius-Senzer neue Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion

Mainz · Die FDP-Fraktion im Mainzer Landtag hat nur einen Tag nach dem Rücktritt des Vorsitzenden Thomas Roth einen neuen Kopf an der Spitze. Die Entscheidung für Cornelia Willius-Senzer darf durchaus als Überraschung gewertet werden.

 Cornelia Willius-Senzer ist neue Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion.

Cornelia Willius-Senzer ist neue Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion.

Foto: Florian Schlecht

Was die Tanzfläche und der rheinland-pfälzische Landtag gemeinsam haben? "Glattes Parkett", antwortet Cornelia Willius-Senzer und lacht. "Doch wenn ich die hohen Schuhe anhabe, komme ich überall zurecht, auch wenn es glatt ist." Die 74-Jährige kennt sich in beidem aus, im Tanzen und der Politik, nun übernimmt sie auch in beidem Verantwortung. Die Mainzerin, schon längst Präsidentin des allgemeinen deutschen und des europäischen Tanzlehrerverbandes, führt nun auch die FDP-Fraktion in Rheinland-Pfalz. Einstimmig wählten die Mitglieder sie am Montag zur Nachfolgerin von Thomas Roth, der am Wochenende nach andauernder Kritik an seiner Amtsführung zurückgetreten war.

"Ich will den Takt vorgeben und Probleme schnell befrieden", sagte Willius-Senzer vor Journalisten in Mainz. Die Entscheidung, Fraktionschefin zu werden, sei am Sonntagabend gefallen. Vorausgegangen sei ein Telefonat mit dem Landesvorsitzenden Volker Wissing. Willius-Senzer sagt, sie habe nicht lange überlegen müssen. "Ich kann organisieren, ein Team führen, von daher habe ich da keine Bedenken."

Die Entscheidung für die zweifache Mutter darf dennoch als Überraschung gewertet werden. In Parteikreisen ist auf TV-Nachfrage nicht jeder davon überzeugt, ob Willius-Senzer die Fraktion führen kann. Ein Insider sagt, es in der Partei werde durchaus mit der Wahl gehadert. Als Favoritin galt eigentlich Fraktionsvize Monika Becker, doch die hat den Posten nach TV-Informationen bereits vor einem Jahr abgelehnt. Spekulationen, wonach Willius-Senzer eine Übergangslösung sein könnte - gemunkelt wird in Mainz, dass Wirtschaftsstaatssekretär Andy Becht auch ein Kandidat für den Posten gewesen wäre - tritt sie energisch entgegen. "Überhaupt nicht. Wenn ich etwas anfange, mache ich es auch zu Ende", sagt sie.

Anderen gilt Willius-Senzer durchaus als eine atmosphärische Lösung in einer häufig in Einzelteile zerfallenden FDP-Fraktion, die inhaltlich in Landwirtschaft und Digitalem zuletzt durchaus Schwerpunkte zu setzen wusste. Sich selber bezeichnet die 74-Jährige als Politikerin mit einem sozialliberalen Herz. Wichtig sei ihr, nicht nur die Städte, sondern auch den ländlichen Raum im Blick zu behalten. Auch der Erhalt der Kultur bedeute ihr etwas, Respekt im Umgang miteinander, Toleranz vor anderen Lebenskulturen. Zweimal zitierte sie im Landtag so auch schon den Freiherrn von Knigge, gerne bei Attacken gegen die rechtspopulistische AfD. Als ungerecht empfinde sie auch die Häme, die sich der geschiedene Fraktionschef Thomas Roth habe anhören müssen, besonders mit Blick auf ein vom Westerwälder veröffentlichtes Buch seiner Jugenderinnerungen mit sexuellen Erfahrungen im Internat. "Die Kritik in den letzten Monaten war sehr unfair, dafür habe ich kein Verständnis", sagt sie.

Mitglied in der FDP ist Willius-Senzer seit dem Jahr 2003. Anteil daran habe der einstige rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Hans-Artur Bauckhage. Als etliche Tanzbetriebe Probleme gehabt hätten, habe der bei einem Glas Wein versprochen zu helfen und Wort gehalten. Später trat die Mainzerin den Liberalen bei, saß im Mainzer Stadtrat, ohne dort jedoch Fraktionsvorsitzende zu werden. Nun, mit 74, ist es im Landtag so weit. Als einzige weibliche Fraktionsvorsitzende in der Koalition, der "Miss Ampel", wie ein Journalist sie schon adelt.

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