Abrechnung ohne Perspektive

MAINZ. Der Debattentag nach der Regierungserklärung ist traditionell der "Tag der Opposition" im Landtag. Doch neben der erwarteten Kritik war vor allem beim neuen CDU-Hoffnungsträger Christian Baldauf von einem politischen Gegenentwurf wenig zu sehen. Zu oft verlor sich der Fraktionschef in Allgemeinplätzen.

In der mit Spannung erwarteten Jungfernrede als CDU-Oppositionsführer attackierte Baldauf Kurt Beck an vielen Fronten: Dass weniger vielleicht am Ende mehr gewesen wäre, räumte im Anschluss selbst mancher Kollege in den eigenen Reihen ein. So nahm der Frankenthaler Abgeordnete den Ministerpräsidenten und SPD-Bundesvorsitzenden als viel beschäftigten Pendler zwischen Mainz und Berlin, als Politiker zwischen Bundes- und Landesinterressen aufs Korn. Die Union werde es nicht durchgehen lassen, wenn Beck im fernen Berlin Beschlüsse fasse, die für Rheinland-Pfalz tiefe Einschnitte bedeuteten, warnte Baldauf. Mit konkreten Anwürfen hielt er sich allerdings zurück. Denn ob Mehrwertsteuererhöhung, Kürzung von Bundesmitteln für den Schienenverkehr oder Antidiskriminierungsgesetz, im Bund sitzt die Union mit am Regierungs-Steuer. Das macht Kritik schnell zu einem zweischneidigen Schwert. Erheblich handfester waren da die finanzpolitischen Vorhaltungen an den Regierungschef. Die Schuldenpolitik verbaue die Zukunft, mahnte Baldauf und geißelte mangelnden Sparwillen und ein aus seiner Sicht teures, aber wirkungsloses Gießkannenprinzip bei der Förderung von Wirtschaft und Wissenschaft."Von Aufsteigerland wenig zu sehen"

Nachhaltig versuchte Baldauf, die von der Regierung gerade in diesen Bereichen reklamierten Erfolge zu relativieren. Von einem Aufsteigerland Rheinland-Pfalz könne er nicht viel sehen. Stattdessen gab es viel Wasser in den Wein der SPD-Regierung, für die Beck am Vortag einen neuen Aufbruch ausgerufen hatte. Mehr Finanzmittel in Bildung und Familie zu investieren, stand allerdings auch beim CDU-Vormann ganz oben an. Es mache jedoch wenig Sinn, Geld in Ganztagsschulen und neue Lernmethoden zu investieren, während es auf der anderen Seite keine Unterrichtsgarantie gebe, sagte Baldauf. "800 neue Lehrer" lautet daher die alte Forderung der Union. Vehement auch sein Plädoyer für das dreigliedrige Schulsystem, nachdem Beck in einem Interview für die Zukunft ein besonderes Augenmerk für Gesamtschulen hatte durchblicken lassen. Die bundesweit schlechtesten Schüler-Lehrer-Relationen und allenfalls Mittelmaß bei den Pisa-Vergleichstests, so lautet die kritische Bestandsaufnahme des CDU-Fraktionschefs für das Bildungsland Rheinland-Pfalz. Doch so sehr sich Baldauf mit den Themen wie Freiheit des Menschen, Integration unter deutschen Vorzeichen oder demografischem Wandel beschäftigte, ein CDU-Modell Rheinland-Pfalz wurde dabei nicht konkret greifbar. Ein Kompass, der die Richtung vorgeben könnte, war nicht auszumachen und von Begeisterungsfähigkeit bei der Union wenig zu spüren. Besser schlug sich in seinem Balanceakt zwischen altem Koalitionspartner und neuer Opposition FDP-Fraktionschef Herbert Mertin. Geschickt nutzte er den "Umfaller" der Bundes-SPD bei der Mehrwertsteuererhöhung, um sich gleich zu Beginn von den Genossen abzusetzen. Auch wenn er im Land vorerst nur "den einen oder anderen Bruch" in der Regierungspolitik seit Ende des sozialliberalen Bündnisses ausmachte, fand er schnell mahnende Worte, die Landeseinnahmen aus dem neuen Steuersegen in Höhe von 400 bis 500 Millionen Euro zur Senkung der Neuverschuldung einzusetzen. Kritik gab es von Mertin auch für das Beamtensparpaket, das vor allem Berufsanfänger trifft und damit aus Sicht der Liberalen familienpolitisch unsinnig ist. Nicht fehlen durfte auch die Klage über den Verlust von Zuständigkeiten des Wirtschaftsministeriums, um dessen Fähigkeit als Strukturministerium gefürchtet wird. Ansonsten hielten sich die "Absetzbewegungen" Mertins als Opposition noch stark in Grenzen.

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