Abschied von der Macht

MAINZ. Oppositionsbank statt Regierungssessel: Nach fast 20 Jahren im Bündnis mit CDU und später SPD müssen sich die Liberalen von der Macht verabschieden. Mit etwas Wehmut, wie der stellvertretende Ministerpräsident Hans-Artur Bauckhage zugesteht.

Eine letzte Kabinettssitzung am Dienstagabend auf der Stromburg im Hunsrück, anschließend ein Abschiedsessen einen Stock tiefer in Johann Lafers noblem Gourmet-Restaurant: Das war es - nach 15 Jahren SPD/FDP-Regierung in Mainz. Die absolute SPD-Mandatsmehrheit bei der Landtagswahl hat dem bundesweit letzten sozialliberalen Biotop das Wasser abgegraben. "Wahlen kann man gewinnen oder verlieren, manchmal gewinnt man und verliert trotzdem", sagt Hans-Artur Bauckhage, als Wirtschaftsminister führender FDP-Mann in der zu Ende gehenden Koalition und noch stellvertretender Ministerpräsident. Mit 0,2 Prozent Zugewinn hatte seine Partei sich zwar geringfügig auf acht Prozentpunkte verbessert, doch das Scheitern der Grünen beschert der SPD mit 53 von 101 Sitzen ab dem morgigen Donnerstag die Alleinregierung. Der Abschied aus dem Amt des Multiministers für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau nach fast acht Jahren lässt bei dem 63-jährigen gelernten Bäckermeister aus dem Westerwald Wehmut aufkommen, auch wenn er weiß, dass es in der Politik nur Posten auf Zeit gibt. Ganz offiziell haben ihn die Spitzenverbände der Wirtschaft vor Tagen per Urkunde zum "Mister Mittelstand" ernannt und damit seiner Arbeit große Anerkennung gezollt. Das hat gut getan nach dem bitteren Wahlergebnis, wie er einräumt. Viele unabhängige Institute bescheinigen dem Land, in den vergangenen Jahren wirtschaftlich gut vorangekommen zu sein. Doch den Erfolg beim Wähler haben zum Leidwesen der FDP andere eingefahren.Freude am Gestalten und Entscheiden

Nur zögerlich hatte der leidenschaftliche Parlamentarier und Fraktionschef Bauckhage 1998 die Nachfolge von Rainer Brüderle im Superministerium angetreten. Der Wechsel ins Kabinett weckte in ihm allerdings rasch die Freude am Gestalten und Entscheiden. In der Zusammenarbeit mit dem Bündnispartner waren es vor allem die Pragmatiker Beck und Bauckhage, die etwas bewegt und dabei "immer die Mitte gefunden haben - ohne kleinkariertes Geplänkel", wie der Liberale betont. Bei drei Stimmen SPD-Mehrheit fehlt künftig jedoch die Geschäftsgrundlage für eine Zusammenarbeit. Die FDP will "kein fünftes Rad am Wagen" sein. Über die von Beck angebotenen "Brücken" einer weiteren Kooperation bis hin zu einer personellen Verzahnung durch die angebotene Übernahme von Wirtschafts-Staatssekretär Walter Strutz in eine SPD-Regierung wollten die Liberalen nicht gehen. Vor allem auch aus Angst ums eigene Profil. Sie gehen lieber von Bord des Regierungsschiffes und bauen auf ihre Abgeordnetenmandate: Bauckhage wird Landtagsvizepräsident, Justizminister Herbert Mertin neuer Fraktionschef und Wirtschafts-Staatssekretär Günter Eymael als Parlamentarischer Geschäftsführer zweiter Mann in der Fraktion. Justiz-Staatssekretärin Stefanie Lejeune sitzt erstmals als Parlamentarierin im Landtag. Dagegen wechselt ihr Staatssekretärskollege Walter Strutz in den einstweiligen Ruhestand. Er war nur als B-Kandidat zur Wahl angetreten und kommt entsprechend nicht zum Zug. Keinen Wechsel gibt es dagegen auf anderen von der FDP besetzten politischen Posten. So bleibt die Ausländerbeauftragte Maria Weber ebenso im Amt wie die beiden Vizepräsidenten der Struktur- und Genehmigungsdirektionen in Koblenz und Neustadt. Für Bauckhage ändert das jedoch nichts daran, dass die FDP eindeutig Opposition ist. Einen Schmusekurs gegenüber dem bisherigen Bündnispartner soll es genauso wenig geben wie eine "Oppositionskoalition" mit der CDU. Die FDP will für sich selber rudern, auch wenn sie weiß, dass dabei letztlich wohl nicht viel zu bewegen sein wird.

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