Gesteigerte Aufmerksamkeit stellte sich bei den rund 330 Delegierten des SPD-Parteitags am Samstag in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle nur zweimal ein: als Ministerpräsident Kurt Beck mitteilte, dass neben den bisher geplanten Standorten Kaiserslautern, Mainz und Trier auch Koblenz eine Hochbegabtenschule in den nächsten Jahren erhalten soll, und bei den Wahlgängen, die erstmals per Ted-Tastengerät und Rechnersystem über die Bühne gingen. Zwar fielen bei einer Probe-Abstimmung über das Wetter und der anschließenden Wahl der drei Europa-Kandidaten die Ergebnisse erwartungsgemäß aus und prangten in Sekundenschnelle auf der Leinwand. Doch als 20 Delegierte aus mehr als 50 Kandidaten für die SPD-Bundeskonferenz zu wählen waren, streikte plötzlich der Rechner, und Ted brachte die Parteitagsregie arg in Bedrängnis. Die vorsorglich bereit gelegten Stimmzettel blieben jedoch unbenutzt, weil ein zweiter Anlauf gestartet wurde, der bei einem behutsameren Abstimmungsprozedere schließlich auch erfolgreich verlief. Für SPD-Generalsekretär Roger Lewentz alles in allem eine gelungene 1500 Euro teure Ted-Premiere, die bei künftigen Parteitagen nicht zuletzt für schnellere Vorstandswahlen sorgen soll. Ohne Widerspruch zu ernten verteidigte Ministerpräsident Kurt Beck in seiner Grundsatzrede die geplanten Kürzungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld für Beamte. Zu den Einschnitten im Personalbereich gebe es keine Alternative, so der SPD-Landespartei-Chef. Weil der finanzielle Spielraum für Land und Kommunen noch nie so eng war, ist nach seiner Meinung auch die Aufstellung des Haushalts unter einer verfassungsrechtlich zulässigen Ausnahmesituation gerechtfertigt: Für 2004 ist erstmals geplant, dass die Schuldenaufnahme um rund 200 Millionen über den Investitionsausgaben liegt und damit die angekündigte Steuerreform teilweise auf Pump finanziert wird. Mit Blick auf Europa sprach sich Beck dafür aus, die Tür zur Türkei nicht zuzuschlagen und kritisierte die ablehnende Haltung der CDU. Nach Einschätzung von Klaus Hänsch, führendem Mitglied im EU-Konvent, gibt die verabredete Verfassung der Europäischen Union eine völlig neue Dimension. Das EU-Parlament erhalte merklich mehr Gewicht, etwa durch die Wahl des Kommissionspräsidenten und wandele sich immer stärker vom Beratungs- zum Entscheidungsparlament. Die EU beeinflusse das Leben weit stärker als den Menschen bewusst sei, sagte Europa-Abgeordneter Ralf Walter. Einmütig sprachen sich die Delegierten in einem Antrag gegen erhöhte Ableitungen des französischen Reaktors Cattenom in die Mosel aus. Auch in Sachen Gemeindefinanzreform war das Votum eindeutig: Der "unsäglichen Praxis des sich Armrechnens" großer Kapitalgesellschaften soll ein Ende gesetzt werden.