"Arbeitslosengeld ungerecht verteilt"

Im Streit um das Arbeitslosengeld sind SPD und Union nach Überzeugung des rheinland-pfälzischen CDU-Chefs Christian Baldauf nicht so weit auseinander. Die Koalition müsse sich endlich zusammensetzen.

Mainz. Ungerechtigkeiten bei der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes verlangen Korrekturen, fordert der CDU-Chef im Interview mit unserem Mainzer Redakteur Joachim Winkler. Klar muss laut Baldauf aber sein: Die Änderungen dürfen kein zusätzliches Geld kosten. Nicht nur Ihre Parteifreunde Jürgen Rüttgers und Peter Müller sorgen in der CDU für neue Bewegung in der Debatte um eine längeres Arbeitslosengeld. Zieht der Landesverband da mit?Baldauf: Wir haben bereits im letzten Jahr deutlich gemacht, dass es Änderungen geben muss. Es gibt Ungerechtigkeiten im System. Die Dauer der Leistung muss sich aber an den Beitragsjahren orientieren, nicht am Lebensalter, wie die SPD das will. Und es darf auch insgesamt nicht mehr kosten. Wie hoch sind die Chancen, in Berlin bei all den gegenseitigen Attacken zusammenzukommen? Einige sehen ja bereits die Geschäftsgrundlage der Koalition bedroht?Baldauf: Die Parteispitzen müssen sich endlich an einen Tisch setzen. So weit sind die Vorstellungen ja gar nicht auseinander. Die Koalitionsrunde muss eine Arbeitsgruppe einsetzen, damit ein Konzept ausgearbeitet werden kann. Die Union hat einen Parteitagsbeschluss, in dem klar steht, dass das ALG I verändert werden soll. Aber das darf nicht mehr Geld kosten, weil das sonst zu einer Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge führt und Arbeitsplätze kostet.Also keine Angst um die Koalition? Baldauf: Nein. Die Warnungen beziehen sich vor allem auf die von Kurt Beck genannten zusätzlichen Ausgaben von 800 Millionen Euro. Andere Rechnungen gehen nämlich von Milliardenbeträgen aus. Klar muss aber auch sein, es dürfen nicht noch weitere Schleusentore bei der Agenda 2010, wie etwa die Rente mit 67, aufgemacht werden. Halten Sie auch Änderungen beim ALG II für denkbar?Baldauf: Auf jeden Fall. Dort müssen die Vorsorgeleistungen des Einzelnen für das Alter besser vor einer Anrechnung geschützt werden. Das gilt vor allem für Lebensversicherungen mit Rentenwahlrecht. Zudem müssen die Freibeträge für das eigene Haus deutlich erhöht werden, um nicht die Schaffung von Eigentum zu bestrafen. Der neue bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein hat der CDU gleich mit Amtsantritt ins Stammbuch geschrieben, dass sie als Volkspartei mit weniger als 40 Prozent etwas schwach auf der Brust ist. Ein schöner Willkommensgruß aus München?Baldauf: Wenn er damit sagen will, dass bei den letzten Wahlen die Prozente vor allem bei der CDU verloren gegangen sind, hat er recht. Wenn wir nicht über 40 Prozent liegen, ist das unbefriedigend. Wir haben den Menschen nicht immer verdeutlichen können, was wir wollen.Bei den jüngsten Oberbürgermeisterwahlen von Trier über Kaiserslautern bis Landau wollten die Wähler auch die CDU-Kandidaten nicht. Müssen Sie sich vor den Kommunalwahlen 2009 fürchten?Baldauf: Nur zur Ergänzung: Bei der OB-Wahl in meiner Heimatstadt Frankenthal haben wir 85 Prozent bekommen! Oberbürgermeisterwahlen sind in der Regel reine Persönlichkeitswahlen, keine Parteiwahlen. Fürchten müssen wir uns nicht, aber anstrengen, um unsere Basis 2005 mit 45 Prozent zu halten.Im Parteibezirk Trier gibt es Ärger und eine Kampfkandidatur um den Chefsessel, auf dem Michael Billen mal gerade zwei Jahre sitzt und die Partei in zwei Lager gespalten hat. Mit wie viel Bauchschmerzen schauen Sie nach Trier?Baldauf: Zunächst einmal ist es ja nichts Ruchbares, wenn es zu einer Kampfkandidatur kommt. Mit Michael Billen und Bernhard Kaster gibt es zwei gestandene Kandidaten. Die Delegierten werden das entscheiden.Erwarten Sie keine Konsequenzen für die Partei?Baldauf: Das Ganze hat zunächst einmal viele regionale Bezüge. Ich arbeite mit beiden gut zusammen, daher erwarte ich auch keine Folgen für die Landespartei.

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