"Auf dem Fundament der Bibel"

Von JOSEF SCHÖNBORNNach den Berichten des Neuen Testamentes hat Jesus in der Nacht vor seinem Tod am Kreuz mit seinen Jüngern das Letzte Abendmahl gefeiert. Er tat dies im Rahmen des jüdischen Paschamahles, bei dem er mit seinen Freunden das Osterlamm aß. Dabei dachten die Teilnehmer an die Befreiung aus der Sklaverei Ägyptens, die der Inhalt der jährlichen jüdischen Osterfeier ist.Jesus nahm nach dem Paschamahl dann Brot, dankte und sprach: "Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird." Dann nahm er den Kelch mit Wein, dankte wiederum und sprach: "Das ist mein Blut, das für euch vergossen wird."Damit wies er auf seinen Tod am Kreuz hin. Nach dem Neuen Testament verstand er sich als "das neue Osterlamm, das für uns geschlachtet wird".Das Abschiedsmahl feierte Jesus im Kreis seiner Jünger, mit den Aposteln, den Zwölf, wie ausdrücklich betont wird. Ihnen gab er den Auftrag: "Tut dies zu meinem Gedächtnis!"Seit den Tagen der Apostel feierten daher die Jünger Jesu dieses Mahl, in dem die Abendmahlsworte Jesu wiederholt wurden. Die Christen wussten sich in dieser Feier ihrem Herrn ganz nahe. Sie waren überzeugt, der Gekreuzigte und Auferstandene ist unter ihnen gegenwärtig unter den Zeichen von Brot und Wein, und er wird ihre Speise. Die Feier wurde Eucharistie genannt, "Danksagung", weil das Große Dankgebet für die Schöpfung und Erlösung - ähnlich wie beim Letzten Abendmahl - die Mitte bildete. Weil Jesus seinen Aposteln den Auftrag gab, diese Feier zu seinem Gedächtnis zu halten, kam es zu der Überzeugung, dass nur die Apostel und die von ihnen Beauftragten im Namen Jesu der Eucharistiefeier vorstehen dürfen. Dazu wurden Priester und Bischöfe als "Nachfolger der Apostel" durch Handauflegung und Gebet bevollmächtigt. Heute sprechen wir vom Sakrament der Weihe, das drei Stufen umfasst: Diakonen-, Priester- und Bischofsweihe. In den ersten Jahrhunderten des Christentums war die Praxis in der Regel so, dass nur geweihte Priester die Eucharistie leiteten und die Abendmahlsworte über Brot und Wein im Namen Jesu sprachen. So ist es bis heute in der Katholischen Kirche geblieben. Nach katholischer Überzeugung werden Brot und Wein in der Eucharistiefeier verwandelt in den Leib und das Blut Christi. Sie weisen hin auf seine Lebenshingabe, sein Lebensopfer am Kreuz, durch das er in das neue Leben der Auferstehung und Verherrlichung beim Vater hinübergegangen ist. Als der Lebendige und Verklärte, der jetzt beim Vater lebt, ist er unter den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig und bleibt es auch nach der Feier der Eucharistie.Daher werden das Brot und eventuell der Wein, die in der Feier nicht empfangen werden, im Tabernakel aufbewahrt und außerhalb der Eucharistiefeier zu den Kranken und Sterbenden ge-bracht. Das "Ewige Licht" erinnert in den katholischen Kirchen an diese bleibende Gegenwart des Herrn und lädt zur Verehrung und Anbetung ein. Zeichen dafür ist die Kniebeuge, die viele vor dem Tabernakel verrichten.Die Eucharistie ist "Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens", wie das Zweite Vatikanische Konzil sagt. Sie gehört zum Sonntag, dem Tag der Auferstehung des Herrn. An ihm sollen die Christen zusammen kommen, um das Wort des Herrn zu hören und mit ihm Ostermahl zu halten. Seit den ersten christlichen Jahrhunderten wird bezeugt, dass Christsein wesentlich bedeutet, aus der sonntäglichen Begegnung mit dem auferstandenen Herrn zu leben. Darauf weist bereits die Apostelgeschichte hin, und das bezeugt der Märtyrer Justin um die Mitte des zweiten Jahrhunderts in seiner Schrift an den römischen Kaiser Antoninus Pius. Als katholischer Christ bin ich überzeugt, dass die katholische Kirche auf dem Fundament der Bibel das Vermächtnis Jesu in Treue und Ehrfurcht zu bewahren sucht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort