Bäume haben Schwein gehabt

TRIER. Der Waldzustandsbericht 2004 hat Entwarnung gegeben: Die drohende Borkenkäfer-Katastrophe ist ausgeblieben. Gebannt ist sie allerdings nicht. Und es tun sich noch andere Probleme auf.

 Ernst, aber nicht hoffnungslos: So beschreiben Experten die Lage der Wälder in der Region Trier nach dem Sommer 2004.Foto: Klaus Kimmling

Ernst, aber nicht hoffnungslos: So beschreiben Experten die Lage der Wälder in der Region Trier nach dem Sommer 2004.Foto: Klaus Kimmling

Michael Nuhn vom Forstamt Neuerburg merkt man die Erleichterung deutlich an. Man habe beim Borkenkäfer-Problem einfach "fürchterlich viel Schwein gehabt". Noch im Frühsommer dieses Jahres sah es so aus, als könnten die kleinen, aber gefährlichen Schädlinge im Nadelwald von Eifel und Hunsrück eine biologische Katastrophe herbeiführen und eine wirtschaftliche dazu. Das Schadholz, von den Fachleuten beschönigend "Käferholz" genannt, erzielt nur noch 50 Prozent des ohnehin sinkenden Normalpreises. Glücklicherweise ist in diesem Jahr nicht mehr Käferholz angefallen als 2003.Borkenkäfer-Gefahr lauert weiter

Die Katastrophe blieb aus, weil der Sommer kühl und feucht verlaufen ist. Das bedeutet: Die Bäume hatte genügend Kraft, sich durch Produktion von klebrigem Harz gegen die Schädlinge zu wehren. Das ist, so Michael Nuhn, allerdings noch kein Grund zur Entwarnung. Die Borkenkäfer seien immer noch da. Sie überwinterten und könnten sich unter (für sie) günstigen Bedingungen explosionsartig vermehren. Auch Peter Wind vom Forstamt Prüm sieht diese Gefahr. Wenn im nächsten Jahr der Sommer nur heiß und trocken werde, dann könnten Kupferstecher und Buchdrucker wieder gefährlich werden - für den Wald und für das Portemonnaie seiner Besitzer. Ganz anders sieht es aus beim Thema Manganflecken an Buchen, das der aktuelle Waldzustandsbericht in den den Mittelpunkt seiner Gefährdungsanalyse stellt. Dieses Phänomen ist ein Aspekt eines wesentlich komplexeren Sachverhalts. Peter Wind betont, man habe es schon seit Ende der 90er Jahre mit einer "Buchen-Komplexkrankheit" zu tun. Vitale Bäume stürben innerhalb relativ kurzer Zeit ab, das Holz werde völlig zerstört und sei nur noch als Brennholz brauchbar. Gegenmittel seien nicht bekannt. Eher unwahrscheinlich ist, dass Schadstoffe in der Luft die Ursache sind. Allerdings fällt auf, dass befallene Bäume in sauren Böden wurzeln. Die Forstämter reagieren auf solche Gefährdungen mit einer größeren Streuung von Baumarten. Das ist etwa so wie ein Aktienfonds, der durch Einkäufe unterschiedlicher Papiere das Risiko senkt. Diese Strategie freilich wirkt sich bei den Bäumen erst sehr langfristig aus: Buchen beispielsweise werden normalerweise erst nach 120 bis 140 Jahren gefällt.Angst vor Stürmen

Haben die Horrorszenarien der 80er Jahre von sterbenden Wäldern überhaupt noch Realitätswert? Natürlich werde es trotz aller Gefährdungen weiter Wälder geben, sagt Michael Nuhn. Auch Gert-Wolfhardt Guse von der "Schutzgemeinschaft Deutscher Wald" betont, dass sogar ein so kritischer Sommer wie der von 2003 langfristig nicht dramatisch sei. Wachsamkeit ist nach einhelliger Experten-Meinung allerdings weiter geboten. Die größten Sorgen manchen den Förstern zur Zeit die Witterungsextreme, vor allem aber die zunehmenden Stürme und die hohen Windgeschwindigkeiten.

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