Behandlungsfehler lassen sich häufig vermeiden Fachanwalt für Medizinrecht fordert Kommunikation auf Augenhöhe

Trier · Nicht jede schlechte Heilung ist die Folge eines Behandlungsfehlers. Wenn Missverständnisse und falscher Stolz zusammentreffen, kann das allerdings fatale Folgen haben. Ein 17-Jähriger aus der Eifel hätte deshalb fast sein Bein verloren.

Ohne seinen Vater würde Christian K. (Name geändert) heute nicht mehr Fußball spielen. Ohne dessen Protest, zuletzt von einem Anwalt unterstützt, hätte der 17-Jährige nach einem ärztlichen Behandlungsfehler ein Bein verloren. Es ging dabei um nur wenige Tage.

Mit einem Oberschenkelbruch kommt der Jugendliche nach einem Sportunfall in die Klinik. Ein Marknagel soll die Bruchstellen fixieren, bis sie wieder zusammenwachsen, so schlägt der behandelnde Arzt vor. Doch die Schmerzen lassen nach dem Eingriff nicht nach.

Fast ein Bein verloren

Die Wunde entzündet sich, Haut beginnt abzusterben. Der Arzt vertröstet die Eltern, die zunehmend beunruhigt sind. Die Bitte des Vaters, eine Zweitmeinung einzuholen, lehnt der Mediziner ab. Dann bekommt Christian hohes Fieber. Sein Vater schaltet einen Rechtsanwalt ein, der schließlich die Verlegung des jungen Mannes in eine andere Klinik durchsetzt.

Hier erkennen die Ärzte, dass der Marknagel schnell entfernt werden muss, weil die Lücke zwischen den Bruchstellen des Oberschenkelknochens zu groß ist. So können sich nicht zusammenwachsen. Mit einem externer Fixateur wird nun der Knochen gerichtet. Zwei Wochen nach der Operation ist klar, dass der Bruch heilt.

"Ohne diesen zweiten Eingriff hätte das Bein des jungen Mannes schon kurze Zeit später amputiert werden müssen", sagt Andreas Ammer, Fachanwalt für Medizinrecht. Für ihn ist diese Patientengeschichte ein typisches Beispiel dafür, wenn ein Arzt nicht zugeben will, dass er überfordert ist.

Der Trierer Rechtsanwalt vertritt Patienten und Ärzte gleichermaßen. Er spricht in Fällen wie diesen von einem "klassischen Kommunikationsproblem". Der Druck auf Ärzte wachse angesichts der demografischen Entwicklung, vor allem in den Krankenhäusern: Immer mehr Patienten bei einem immer größeren Leistungsangebot und immer mehr Vorsorge. "Ärzte stehen unter großem Druck. Eine Kommunikation auf Augenhöhe mit den Patienten ist da oft schwierig." Was soll gemacht werden? Warum? Und welche Alternativen gibt es? Das seien die grundsätzlichen Fragen, auf die Patienten eine verständliche Antwort bekommen müssten.

Ammer hält das auch zum eigenen Schutz der Ärzte für wichtig. "Jeder Eingriff ist zunächst eine Körperverletzung. Juristisch gesehen können nur aufgeklärte und voll informierte Patienten in so etwas einwilligen." Zudem habe jeder Patient auch das Recht, eine Behandlung abzulehnen oder eine alternative Behandlung zu fordern.

Bei der Landesärztekammer wird er mit solchen Aussagen nicht auf Widerspruch stoßen. "Fehler und Beinahefehler dürfen nicht verschwiegen werden", fordert deren Präsident Frieder Hessenauer. "Nur wenn darüber gesprochen wird, hilft es, Schwachstellen aufzudecken und wirksame Strategien zur Fehlerprävention aufzubauen." Die Arbeit der Schlichtungsstelle der Landesärztekammer sei dafür ein wichtiges Instrument. "Auch wenn Behandlungsfehler landesweit nur eine geringe Häufigkeit haben, so nimmt der Ausschuss jeden Antrag sehr ernst."

Fachanwalt Andreas Ammer gibt einen wichtigen Tipp, damit es gar nicht soweit kommt: "Der Patient muss seinem Arzt vertrauen. Wenn Sie kein Gefühl der Empathie haben, sollten Sie eine Zweitmeinung einholen." Fünf wichtige Punkte für Patienten

Patienten die einen ärztlichen Behandlungsfehler vermuten, können sich an die Schlichtungsstelle der Landesärztekammer oder ihre Krankenkasse wenden. Für die Patienten entstehen dabei keine Kosten. Jeder Patient hat das Recht, Kopien seiner Krankenakte einzusehen. Der Arzt muss dem Patienten die Kopien innerhalb einer Frist von etwa zwei Wochen aushändigen. Ein Behandlungsfehler verjährt nach drei Jahren. Während des Verfahrens bei der Schlichtungsstelle der Landesärztekammer ist die Verjährung unterbrochen. Voraussetzung für eine Behandlung ist eine umfassende Aufklärung. Ohne diese fehlt die Grundlage für eine wirksame Einwilligung des Patienten. Der Arzt muss beweisen, dass der Patient über die Risiken einer Behandlung aufgeklärt worden ist. Diese Aufklärung muss immer mündlich erfolgen. Ein unterschriebener Aufklärungsbogen genügt nicht.

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