Behördenwunder ausgeblieben

MAINZ. Schneller sollte die Verwaltung mit der Abschaffung der Bezirksregierungen werden, effizienter und kostengünstiger arbeiten. Gut zwei Jahre nach Umbau des mittleren Behördenapparats reicht das Echo zwar von gelungen bis gescheitert. Doch "das Behördenwunder ist ausgeblieben", meint nicht nur ein Kommunalvertreter.

 Von der Bezirksregierung zur ADD: Der Umbau der Behörde ist auch nach zwei Jahren umstritten.Foto: TV -Archiv

Von der Bezirksregierung zur ADD: Der Umbau der Behörde ist auch nach zwei Jahren umstritten.Foto: TV -Archiv

Was hatdie heftig umstrittene Verwaltungsreform gebracht? Mit dieserFrage beschäftigt sich seit kurzem eine Kommission im Auftrag derLandesregierung. Bisher sind nach inoffiziellen Berechnungen fast400 Stellen gestrichen worden sein. Insgesamt sollenlängerfristig 750 der 2900 durch die Neuorganisation betroffenJobs im Landesdienst wegfallen. Einsparungen von 38 MillionenEuro jährlich werden erhofft. Vorher verlängerter Arm der Regierung

Drei Jahre lang war heftiges Ringen - auch innerhalb der Mainzer Koalition - angesagt, bevor Ende 1999 die Bezirksregierungen in Trier, Neustadt und Koblenz zu Grabe getragen und stattdessen im Januar 2000 drei Direktionen aus der Taufe gehoben wurden. Sie sollten 30 Behörden eingliedern und zu ideenreichen Kompetenzzentren mit verbesserten Dienstleistungsfunktionen werden, wie Ministerpräsident Kurt Beck ankündigte. Die Reform setzte auf einen grundlegenden Wechsel: Waren die Bezirksregierungen verlängerter Arm der Landesregierung in der jeweiligen Region, wurden in der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD (Trier) sowie den beiden Struktur- und Genehmigungsdirektionen SGD Nord (Koblenz) und SGD Süd (Neustadt) viele Aufgaben mit landesweiter Zuständigkeit gebündelt. Erste negative Schlagzeilen ließen nicht lange auf sich warten. Die Trierer ADD, die sich vorrangig mit Schule und Kommunalaufsicht beschäftigt, wurde rasch von der Verwaltung der 43 000 Lehrer-Akten und -Angelegenheiten überrollt. Die ADD habe unruhige Zeiten hinter sich, wie ihr jetziger Präsident Josef Peter Mertes einräumt. Die Konzentration der Schulverwaltung war nach seinen Worten eine "Riesen-Fusionsleistung".

Großer Personalmangel und viele noch nicht eingearbeitete Mitarbeiter sorgten über Monate dafür, dass die Kritik nicht verstummte und unter anderem Aushilfslehrer auf ihr Geld warten mussten. Auch heute noch ist Mertes bei der Schulpersonalverwaltung nicht am Ziel. Es fehlt eine einheitliche EDV. Der Landesrechnungshof listete jüngst eine Reihe von Kritikpunkten an den Arbeitsabläufen auf, die eine Menge Personal, Geld und Zeit kosten und nicht zuletzt auf veraltete Datensysteme zurückzuführen sind. Bis zu neun Monaten waren Personalakten teilweise unterwegs.

Die Konzentration der Schulabteilung an einem Ort sei völlig daneben, so Tilman Boehlkau, Vorsitzender der Lehrergewerkschaft GEW. Man arbeite an der Kundenzufriedenheit, wie jede andere Firma auch, sagt Mertes, der ein grundlegendes Nachsteuern der Reform nicht für notwendig hält.

Er verweist auf viele positive Effekte wie die Zusammenführung der Kommunalaufsicht und der Landwirtschaftsverwaltung oder den jetzt landesweit einheitlichen Brand- und Katastrophenschutz. Mit der Bündelung von Aufgaben werde in vielen Bereichen auch weniger Personal eingesetzt. Insgesamt hat der quasi zu einem Landesverwaltungsamt angewachsene Standort Trier rund 130 zusätzliche Arbeitsplätze erhalten.

Die Nutzeffekte der Reform hätten sich nicht so eingestellt wie erhofft, weil von falschen Voraussetzungen ausgegangen worden sei, sagt ein Kenner des Behörden-Innenlebens: Fahrt- und Sachkosten und auch bürokratischer Aufwand bei der Versetzung von Mitarbeitern sind demnach gestiegen. "Es war eine reine Organisations- und keine Verwaltungsreform", moniert Dieter Schmitt, Vize der CDU-Landtagsfraktion und vehementer Gegner einer Abschaffung der Bezirksregierungen. Die Aufgaben seien nur anders verteilt, aber nicht gestrafft oder gar Bürokratie abgebaut worden. Durch die geänderten Zuständigkeiten der Direktion fehlten die Ansprechpartner vor Ort, kritisiert er.

Bei Genehmigungsverfahren für Betriebe oder im Bereich Gewerbeaufsicht und Abfallwirtschaft hat sich für die Wirtschaft nach Einschätzung der Industrie- und Handelskammer Trier im Umgang mit der neuen Struktur- und Genehmigungsdirektion wenig geändert. Dass Verfahren schneller und effizienter abgewickelt würden, sei aber auch nicht zu sehen, heißt es bei den IHK-Beratern. Bei Weinüberwachung oder Wirtschaftsförderung seien durch nun landesweite Zuständigkeiten die Wege eher länger geworden.

Landesregierung sieht sich auf gutem Weg

Es habe viele Anlaufschwierigkeiten nach der Reform gegeben, stellt Burkhard Müller, Geschäftsführer des Landkreistages fest. Doch für die Kommunen stehe das Thema nicht mehr auf der Tagesordnung, sie lebten mit der neuen Verwaltung, pflichtet ihm sein Kollege Gunnar Schwarting vom Städtetag bei, der gleichzeitig allerdings bemängelt, dass eine grundsätzliche Aufgabenkritik bei der Neuorganisation ausgeblieben ist. Der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel kann Kritik an der Verwaltungsreform nicht teilen. Konstruktiv seien ADD und SGD - immer um Lösungen bemüht, so der Chef der chronisch klammen Landeshauptstadt.

Auch die Landesregierung sieht sich auf gutem Weg: Ein Innovationsschub sei in den Verwaltungsabläufen erzielt worden, betont die Staatskanzlei, verweist auf die Investition von 15 Millionen Euro in neue Informationstechnik und vergisst nicht zu erwähnen, dass auch Niedersachsen nach dem CDU-Wahlsieg nun die Bezirksregierungen abschaffen wolle.

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