Bei Schülerförderung noch Nachsitzen angesagt

Die Politik hat sich hohe Ziele gesetzt, doch vor allem bei einer besseren Schülerförderung muss im Schulalltag noch zugelegt werden. Das Urteil des "Schul-Politik Checks" über Rheinland-Pfalz gilt im Grundsatz für alle Bundesländer.

Mainz/Berlin. In Zielen und Programm gut aufgestellt, fehlt es laut der Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft auch in der Mainzer Bildungspolitik noch, Ansprüche und Wirklichkeit näher zusammenzubringen. Ausdrücklich stellen die Autoren der Studie fest, dass der Vergleich nichts über Leistungsfähigkeit und Qualität der Bildungssysteme selbst aussagt. Positiv wertete Professor Michael Hüther bei der Vorlage in Berlin für Rheinland-Pfalz:Schwerpunkt Berufsreife als grundlegendes Bildungsziel bis Klasse zehn;Vergleichsarbeiten und systematische Erhebung des Lernstands;Verstärkte Einstellungskompetenz für Schulleiter;Ausbau des Ganztagsschulangebotes;Formulierung individueller pädagogischer Leitideen;Festlegung von Bildungsstandards in Lehrplänen;Gute Sprachförderung;Flexible Regelung der Einschulung.Als Manko der Bildungspolitik wird eingestuft:Qualitätssicherung ist ausbaufähig;Nachholbedarf bei Förderung von hochbegabten und lernschwachen Schülern;Es fehlen konkrete Regelungen zur Vermeidung von Sitzenbleibern;Schulleiter haben kein Disziplinarrecht;Zu wenige verpflichtende Ganztagsschulen.Laut Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) trifft die Kritik größtenteils nicht zu, weil sie auf einem überholten Stand aufbaut. Die Qualitätssicherung sei ausgebaut, für Sitzenbleiber gebe es Nachprüfungen, und Schulleitungen verfügten über weit reichende Kompetenzen, so die Ministerin im Gespräch mit dem TV. Zudem sei ein Großteil der Angebot an Ganztagsschulen verpflichten.In drei Modellprojekten an noch nicht benannten Schulen will die Ministerin ab dem kommenden Schuljahr den gezielten Ausbau der Arbeit mit Jungen in Grundschulen mit Ganztagsangebot erproben. Jungen werden überdurchschnittlich häufig später einschult, stellen 60 Prozent der Klassenwiederholer und über 60 Prozent der Schulabgänger ohne Abschluss. Mit den Projekten soll versucht werden, spezielle Förderkonzepte zu entwickeln. Meinung Befriedigend, nicht gut So überraschend sind die Ergebnisse des Ländervergleichs nicht. Wo klafften Anspruch und Wirklichkeit mehr auseinander als in der Politik. Erst recht, wenn nach dem Pisa-Abschneiden schnell und aufgeregt neue Ziele ausgerufen wurden. Manche Länder richteten auch noch parallel durch die überstürzte Einführung des Turbo-Abiturs bildungspolitisches Chaos an. Aufhorchen lässt gleichwohl, dass Rheinland-Pfalz nicht in der Spitzengruppe platziert ist. Mainz stellte frühzeitig die Weichen für neue Ganztagsschulen, baute Frühförderung aus und setzte auf Qualitätsstandards. Zugegeben: Die Studie erfasst nicht die gesamte Breite der Schulpolitik, zeigt aber Defizite auf. Positiv ist, dass die Länder insgesamt auf dem richtigen Weg sind - ohne dass sonderlich große Ausreißer ins Auge fallen. Für Rheinland-Pfalz gilt eh vor allem der Blick in die Zukunft, denn die geplante Schulreform wird neue Pflöcke einschlagen. Das Ende der Hauptschulen, sprunghaft gestiegenes Interesse an Gesamtschulen und der Zulauf an Gymnasien werden in der Bildungspolitik neue Vorzeichen setzen. Dann gilt es erst recht, Anspruch und Wirklichkeit zu vergleichen. j.winkler@volksfreund.de extra "Schul-Politik Check": Die Gesamtnote bei der Länderbewertung durch den "Schul-Politik Check" setzt sich aus Einzelnoten für Bildungsziele, Qualitätssicherung, Systemmanagement, Schulkultur sowie dem Bereich Lehren und Lernen zusammen: 1. Nordrhein-Westfalen 2 2. Berlin 2 3. Hamburg 2 4. Hessen 2 5. Mecklenburg-Vorp. 2 6. Niedersachsen 2- 7. Schleswig-Holstein 3 8. Sachsen 3+ 9. Sachsen-Anhalt 3+ 10. Rheinland-Pfalz 3+ 11. Baden-Württembg. 3+ 12. Bayern 3+ 13. Brandenburg 3+ 14. Bremen 3 15. Thüringen 3 16. Saarland 3

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