Besser statt länger leben

TRIER. (wie) Wie geht man in Deutschland mit Alten um? Damit beschäftigt sich ein Buch von Trierer Wissenschaftlern, das gestern an der Uni vorgestellt wurde.

Äußerungen wie die des Ex-Vorsitzenden der Jungliberalen, Jan Dittrich, es sei Zeit, dass die "Alten von ihrem Tafelsilber etwas abgeben - einen Löffel oder besser gleich ein paar davon" - werden zunehmen. Davon ist der Trierer Geriatriker Roland Hardt überzeugt. Alters-Rassismus nennt der Chefarzt der geriatrischen Klinik St. Irminen die verbale Misshandlung der älteren Generation. Der demografische Wandel sei Schuld, es gebe immer mehr Ältere als Jüngere, sagte Hardt bei der Vorstellung des von ihm mitherausgegebenen Buches: "Die Kultur des Alterns". Gibt es in Deutschland überhaupt eine Kultur des Alterns? Zumal wenn man, wie in den elf Beiträgen des Bandes anschaulich dargestellt, den Umgang mit Alten in anderen Kulturen etwa in China vor Augen geführt bekommen: Altsein gehört dort zur Gesellschaft, wird akzeptiert. Doch die rheinland-pfälzische Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) wehrt sich dagegen, dass es in Deutschland einen "Krieg der Generationen" gibt. "Wir können die Probleme lösen", gibt sie sich bei der Buchpräsentation an der Trierer Uni optimistisch. Der Band fasst die Beiträge eines Symposiums mit Trierer Wissenschaftlern vom Herbst 2003 zusammen. Neben einem historischen Blick auf die Kultur des Alterns von der Antike bis heute, werden darin auch die Chancen und Risiken des medizinischen Fortschritts beleuchtet. So wehrt sich Hardt in seinem Beitrag dagegen, Geriatrie rein auf Lebensverlängerung zu reduzieren, wie es immer wieder gemacht werde. Es gehe in seiner Disziplin vielmehr darum, die persönliche Selbstständigkeit der immer älter werdenen Menschen so lange wie möglich zu erhalten und sie so vor frühzeitiger Pflegebedürftigkeit und Behinderung zu bewahren, ihr Leben also erträglicher und lebenswerter zu machen. Zumal, so Hardt, eine heute 80-Jährige noch eine Lebenserwartung von acht bis neun Jahre habe. Neben Geriatrie wird damit auch die Palliativ-Medizin, die darauf ausgerichtet ist, unheilbar Schwerstkranken kurz vor dem Tod noch ein hohes Maß an Lebensqualität möglichst lange zu erhalten, zu einem der wichtigsten Medizinzweige. Welche Bedeutungen die beiden Disziplinen künftig haben werden, wird am deutlichsten, wenn man sich die vom Trierer Statistiker Walter Krug präsentieren Prognosen anschaut. 2050 werden die 80-Jährigen knapp zehn Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, derzeit sind es laut Krug gerade mal drei Prozent und das bei rückläufigen Geburtenzahlen. Die Kultur des Alterns von der Antike bis zur Gegenwart, herausgegeben von Elisabeth Herrmann-Otto zusammen mit Georg Wöhrle und Roland Hardt, 200 Seiten, Röhrig Universitätsverlag.

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