Beumelburg, die Juden und die Erinnerung

TRABEN-TRARBACH. Acht Monate ist es her, dass der Stadtrat Traben-Trarbach den einstimmigen Beschluss fasste, den während der Nazi-Herrschaft verfolgten jüdischen Bürgern der Stadt in Form einer Tafel am Mittelmosel-Museum zu gedenken. Bislang ist nichts geschehen. Nach Aussage von Stadtbürgermeisterin Heide Pönnighaus sind für die Tafel inzwischen zwei Angebote eingeholt worden. Die Diskussionen um den Standort der Tafel gehen aber weiter.

An der Rückwand des Casinos, unmittelbar neben dem Mittelmosel-Museum, befindet sich seit der Umgestaltung des Platzes rund um den Stadtturm im Jahre 2004 eine bronzene Gedenktafel. Sie erinnert an den Schriftsteller Werner Beumelburg, Ehrenbürger der Stadt und Ehrenmitglied der Gesellschaft Casino zu Trarbach. Dort ist sie sehr gut sichtbar - besser, als an der Stelle im Garten des Museums, wo die Tafel 1999 aufgestellt wurde. Beumelburg ist ein höchst umstrittener Sohn der Stadt. Der 1899 geborene und 1963 verstorbene Autor, der als junger Offizier im Ersten Weltkrieg an der Schlacht um Verdun teilnahm, machte nach der Machtergreifung Hitlers schnell Karriere. Schon in der Weimarer Republik zählte er zu den bekanntesten Autoren des so genannten revolutionären Nationalismus. Als repräsentativer Autor des neuen Staates feierte er den Nationalsozialismus als "Auferstehung der Masse im Geiste des Weltkriegssoldatentums". Die Gedenktafel Beumelburgs wurde nach Aussage des Traben-Trarbacher Heimatkundlers Richard Ochs, der sich intensiv mit Beumelburg und dessen literarischem Werk befasst hat, von "Beumelburg-Befürwortern" finanziert.Dass nun die Stadt auch an die verfolgten und ermordeten jüdischen Bürger mit einer Gedenktafel erinnern will, kommt 67 Jahre nach Kriegsende für viele zu spät. Ein Auslöser für den Stadtratsbeschluss im Mai war ein TV-Artikel im Januar 2006 über die Erinnerungen von Martin Schmitz, der seine Kindheit und Jugend in Traben-Trarbach verbrachte, in den 30er-Jahren wegen der antijüdischen Stimmung in der Doppelstadt mit seinen Eltern nach Köln flüchten musste, später ins KZ Auschwitz deportiert wurde und nur mit Glück überlebte. Sein Vater Bernhard und seine Mutter Selma wurden in Auschwitz ermordet. Auch andere Traben-Trarbacher Juden überlebten den Holocaust nicht.

Würdige Erinnerungstafel ans Rathaus anbringen

Martin Schmitz kann bis heute nicht begreifen, dass man Werner Beumelburg, einem "Bestseller-Autor" der Nazizeit, bereits vor Jahren eine Gedenktafel gewidmet hat, während die Erinnerung an die verfolgten und ermordeten Juden der Stadt bislang keine Rolle spielte.

Schmitz ist froh, dass nun endlich eine Gedenktafel angebracht werden soll, allerdings hält er den Standort am Mittelmosel-Museum für unpassend. Schmitz: "Die Tafel müsste am Rathaus Trarbach angebracht werden. Von dort gingen die Verfolgungen aus."

Richard Ochs sieht das genauso. Das Thema Judenvertreibung in der Nazizeit sei inhaltlich mit dem Wesen und der Aufgabe des Mittelmosel-Museums als Dokumentationsstätte der Wohnkultur des 18. Jahrhunderts nicht zu vereinbaren. Ochs schrieb bereits im Juni 2006 im TV: "Die Judenverfolgung war eine in erster Linie politisch-administrative Wesenseigenart der nationalsozialistischen Weltanschauung." Insofern sei dem Wunsch von Martin Schmitz Rechnung zu tragen, eine würdige Erinnerungstafel an das Rathaus als dem Ort der Verkündung und Vollstreckung der Vertreibungen anzubringen.

Ochs hat bereits vor vielen Jahren Anträge an die Stadtverwaltung, an die einzelnen Stadtratsfraktionen, die Kirchen und den damaligen Heimat- und Verkehrsverein geschickt, mit der Bitte, eine Gedenktafel für die Juden anzubringen. Von keiner Seite habe er eine Antwort bekommen.

Ochs ist im Übrigen der Meinung, dass man die Erinnerung an den Schriftsteller Beumelburg und an die jüdischen Bürger "nicht in einen Topf werfen" dürfe. Ochs hält Beumelburg für einen großen Schriftsteller. Er sei ein Patriot, aber kein Nazi gewesen. Die Nazis hätten ihn vor ihren ideologischen Karren gespannt.

Dass man an Beumelburg erinnere, sei angemessen.

Auch Gert Bodensteiner, Präsident der Casino-Gesellschaft, sagt deutlich: "Die Gedenktafel für Beumelburg bleibt, wo sie ist. Der Mann hat gute Bücher geschrieben."

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