Bewusst falsch gewählt

TRIER/BAD EMS. Zehn Tage nach der Europawahl steht das endgültige Wahlergebnis für Rheinland-Pfalz fest. Gelegenheit zu einem Blick auf das Abschneiden der kleinen Parteien: Einige verzeichnen teils deutliche Gewinne. Außerdem haben erstaunlich viele Wähler ungültig gewählt.

Landeswahlleiter Jörg Berres hat das endgültige Ergebnis der Europawahl 2004 in Rheinland-Pfalz bekannt gegeben. Im Vergleich zum noch am Tag nach der Wahl ermittelten vorläufigen Landesergebnis hat es praktisch keine Veränderungen bei den Stimmzahlen mehr gegeben. 3,068 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. 58,3 Prozent gingen zur Europawahl an die Urnen. Die Statistiker ermittelten einen Anteil von 4,5 Prozent ungültigen Stimmen. In absoluten Zahlen sind das 80 859 Wähler, die einen ungültigen Stimmzettel abgegeben haben. 1999, bei der vorherigen Europawahl, war diese Zahl deutlich niedriger - bei höherer Wahlbeteiligung (63,8 Prozent): Damals gab es nur 49 050 ungültige Stimmen (2,5 Prozent). Da Europawahlen mit der Abgabe nur einer Listen-Stimme, also nur einem Kreuzchen, im Vergleich zu Kommunalwahlen geradezu einfach sind, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um ein Zeichen des Protests handelt. Tatsächlich bestätigt Jürgen Hammerl, Pressesprecher des Statistischen Landesamtes in Bad Ems, dass viele Wähler offenbar extra leere Stimmzettel abgegeben haben. Genaue Zahlen dazu liegen nicht vor, Hammerl geht aber davon aus, dass "die überwiegende Zahl" der Ungültig-Wähler eine bewusste Entscheidung getroffen hat. Der Politik-Frust der Wähler drückt sich also offenbar zunehmend nicht nur durch Nicht-Wählen, sondern auch durch Falsch-Wählen aus. Zudem wählen bekanntlich Protestwähler auch gerne demonstrativ kleine Parteien, auch wenn sie wissen, dass ihre Stimme mehr oder weniger keinen Einfluss auf spätere politische Entscheidungen haben wird, weil die Parteien ohnehin nicht im Parlament landen. Eine Entwicklung, die auch im Land deutlich zu sehen ist: Am stärksten von den kleinen Parteien schnitten die ab, die ohnehin bereits bundesweit bekannt sind. Am rechten Rand kamen die Republikaner auf 2,7 Prozent (45 927 Stimmen, plus 0,6 Prozentpunkte im Vergleich zu 1999). Für die PDS stimmten 1,2 Prozent (20 493) der Wähler (plus 0,4 Prozentpunkte). Während sich die Zuwächse dieser beiden Parteien noch im Rahmen halten, haben viele kleinere teils heftige Zuwächse. Die rechtsextreme NPD etwa kam auf 12 700 Stimmen (0,7 Prozent), 1999 hatte sie nur 4438 Stimmen.Erfolg für Tierschutz, Senioren und Familie

Neben den Extremisten verzeichneten auch Parteien erheblich mehr Zustimmung, die sich einzelnen Interessengruppen verschrieben haben. Die Tierschutzpartei wählten 28 117 Rheinland-Pfälzer (1,6 Prozent), mehr als doppelt so viele wie 1999 (13 793). Und die Seniorenpartei "Die Grauen" freut sich über 16 669 Stimmen (ein Prozent), ebenfalls mehr als doppelt so viele wie 1999 (7 487). Einen Achtungserfolg verbucht auch die "Familienpartei Deutschlands", die bei ihrem ersten Antreten zur Wahl gleich auf 1,1 Prozent der Stimmen kam (19 291). Der Rest der kleinen Parteien - darunter beispielsweise die Frauenpartei, die Bibeltreuen Christen, Kommunisten und unabhängige Kandidaten - lässt sich mit Ergebnissen von 0,1 bis 0,6 Prozent nur "unter ferner liefen…" verbuchen. Der Vollständigkeit halber noch das amtliche Endergebnis der Europawahl im Land bei den etablierten Parteien: CDU 809 337 Stimmen (47,4 Prozent), SPD 439 344 (25,7 Prozent), Bündnis90/Grüne 154 725 (9,1 Prozent) und die FDP 110 951 (6,5 Prozent).

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